Mal aus gegebenem Anlass, und weil ich hier grundsätzlich häufige Missverständnisse erkenne.
Nach mittlerweile annähernd 30 Jahren persönlicher Erfahrung im Umgang mit (zunächst BBS, später Usenet, noch später Web-) Foren muss ich feststellen, dass "die Jugend von heute" offensichtlich mit diesem Medium nicht mehr so ganz "zurecht kommt", wobei mir die Überheblichkeit ob meines fortgeschrittenen Alters verziehen sei.
Webforen unterscheiden sich von anderen Diskussionsmedien insbesondere dadurch, dass es hier i.d.R. lediglich einseitig "negatives" Feedback geben kann.
Am Stammtisch sagt man etwas, und wenn die Leute zustimmen, hört man "Jawoll, so isses, gut, dass es mal einer ausspricht".
Bei reddit bekommt man upvotes (oder eben downvotes).
Bei Instagram kann man Herzchen sammeln, bei Facebook "likes".
In jedem Fall erhält man unmittelbar positives (und im Falle von reddit durchaus auch negatives) Feedback für seine Aussagen.
Das ist in einem Webforum naturgemäß nicht der Fall (auch wenn es hier durch merit teilweise vorkommen mag).
Wer einen sinnvollen post verfasst, dem alle zustimmen, wird i.d.R. einfach gar keine Rückmeldung erhalten, der post bleibt so stehen, weil ihm keiner widerspricht.
Umgekehrt heißt das, dass das einzige Feedback, welches man erhält, in aller Regel negativer Natur ist, also in Form eines Widerspruchs, einer Korrektur, Ergänzung oder gegensätzlichen Auffassung daherkommt.
Wer das persönlich nimmt, oder dies als "Negativität" empfindet, kann mit diesem Medium nicht umgehen, und sollte den Umgang entweder erlernen, oder dieses Medium meiden.
Was wäre denn eine "alternative Nutzung" eines Webforums?
Ich selbst kann mir kaum "Schrecklicheres" vorstellen, als ein Forum, in dem jeder "gute" post dazu führte, dass der thread im Anschluss mit zig "Jawoll!", "So isses", "Genau!", "+1"-posts zugespammt würde.
Wer will so etwas lesen? Wahrscheinlich die Telegram-User?
Die Alternative, dass in einem Forum einfach kein Widerspruch "geduldet" wird, verkommt dann letzten Endes zum persönlichen "Blog", in dem jeder einen Monolog führt, dem sich keiner anschließen darf.
Wer will so etwas lesen? Wahrscheinlich die Blog-Leser?
Ein solches Forum wäre eben kein Forum, sondern ein eigenständig anderes Medium.
Ich für meinen Teil habe mich entschieden, in Foren aktiv zu sein, und nicht in Blogs, auf reddit, Facebook, Instagram oder sonstwo.
Das ist meine Entscheidung, ich kann mit dem "Gegenwind", der hier naturgemäß herrscht, gut umgehen.
Umgekehrt bedeutet das im Übrigen auch für diejenigen unter uns, die sich häufig konstruktiv an Diskussionen beteiligen (ohne sie selbst zu beginnen), dass uns stets der "Makel" des "Miesepeters", "Nein-Sagers", "Negativen" anhaftet, schließlich sind "wir" es, die ständig "widersprechen".
In diesem Sinne kann ich da nur mit dem unsterblichen Spruch ehemals westdeutscher Spießbürger schließen:
"
dann geh doch nach drüben, wenn's dir hier nich passt!"