Als Fortsetzung aus dem AKV...
Zum Thema "Klarnamen": eine Pflicht im Sinne einer gesetzlichen Verpflichtung, sein Recht auf freie Meinungsäußerung nur ausüben zu dürfen, wenn man dies unter eigenem Namen tut, stünde im Widerspruch zu grundlegenden Prinzipien der Pressefreiheit* und bedrohte damit die Ausübung eben dieses Grundrechts in den dafür vorgesehen Institutionen.
Wer also eine "strenge" Klarnamenspflicht einführen möchte, handelt in der unzweifelhaften Absicht, die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland abzuschaffen.
Andererseits besteht bereits heute eine Impressumspflicht, die als eine Art "Proxy-Klarnamenspflicht" verstanden werden kann.
Nicht der Meinungsäußerer selbst muss sich also identifizieren, sehr wohl aber eine Person, die für den Inhalt die Haftung übernimmt.
Letztere Impressumspflicht dürfte zumindest weitgehend unstrittig im Sinne einer "gesitteten" Diskussionskultur sein, und wird zumindest von meiner Wenigkeit befürwortet.
* der Schutz anonymer Quellen gilt als eine der wichtigsten Säulen der Pressefreiheit
Abgesehen davon halte ich selbst den "Rückzug ins Private" für schädlich für die Demokratie an sich.
In dem Maße, in dem sich weniger Menschen mit eigenem Namen zu ihren Meinungen bekennen, erschweren sie es anderen, ungehindert für ihre eigene Meinung einzustehen.
Einfacher gesagt:
Es gibt Menschen, die zwangsläufig unter eigenem Namen ihre Meinung äußern müssen (man denke an konkrete Fälle, bei denen schon anhand der Fallbeschreibung der Mensch identifizierbar ist).
Für diese Menschen wird es schwerer, ihre Meinung zu äußern, wenn sie aus einer ansonsten weitgehend anonym agierenden Masse der Meinungsäußernden herausstechen.
In diesem Sinne befürworte ich jedenfalls die möglichst häufige Nutzung von Klarnamen, lehne eine Pflicht allerdings selbstverständlich auch ab.
Ich würde so weit gehen, zu behaupten, dass in erster Näherung kein einziger Mensch "nichts zu verheimlichen" hat.
Knallhart gesagt: alle Menschen sind Kriminelle.
Ein Beispiel: wer jemals als Angestellter "blau gemacht" hat, hat dabei einen Betrug im Sinne des Strafrechts begangen.
Warum denken scheinbar alle in Bezug auf den Spruch "Ich hab ja nix zu verbergen" immer nur an "die Leiche im Keller"?
Wir haben alle noch etwas viel wichtigeres zu verbergen... nämlich unsere Privatsphäre!
Weil es denjenigen, die diesen Spruch üblicherweise benutzen, genau darum geht.
Sie wollen unterstellen, dass nur Kriminelle etwas zu verbergen hätten.
Und selbstverständlich bin ich ganz bei dir, dass ich meine Privatsphäre zu verbergen habe.
Oder genauer gesagt, habe ich nicht den Eindruck, dass irgendjemand ein Recht darauf haben kann, in ebendiese einzudringen.
Vielmehr ist der Schutz der Privatsphäre eine der wichtigsten Aufgaben unseres Staats, weshalb es natürlich umso schmerzhafter ist, wenn ausgerechnet dieser Staat die Privatsphäre seiner in diesem Sinne Schutzbefohlenen unterminiert.
Leider gibt es mittlerweile schon Staaten, bei denen es angesagt ist, Privatsphäre als etwas kriminelles darzustellen, wenn man darauf verweist. Der folgende Beitrag ist einfach nur gruselig. Wenn ich möchte, dass meine Aktivitäten alle Leute kennen, nutze ich Facebook, wenn ich es nicht will, stelle ich Inhalte auf solchen Plattformen nicht ein. Aber dazu gezwungen zu werden ist perfide ohne Ende. Hier der Beitrag:
https://www.manager-magazin.de/unternehmen/karriere/a-880884.html[...]
Privatsphäre ist ein Menschenrecht und wer eben jene abschaffen will, der ist kriminell, so rum!
Ich habe oft den Eindruck, dass "wir" immer noch ein sehr veraltetes Verständnis von Datenschutz pflegen.
Der Staat ist heute nicht mehr (oder nur in geringem Maße) der Feind, wenn es um Datenschutz geht.
Unsere Privatsphäre ist heute weniger bedroht durch den Staat, als vielmehr durch die privaten, globalisierten Datenkraken Google, Facebook & Co.
Wer glaubt, er wäre "sicher" vor der Zersetzung des Datenschutzes durch Facebook, weil er Facebook nicht nutzt, irrt.Wenn ein erheblicher Teil der Menschen in deiner Umgebung diese Dienste nutzt, lässt das auch immer genauere Rückschlüsse auf dich ganz persönlich zu.
In diesem Sinne
sollte der Staat unser Verbündeter im Kampf gegen die Datenkraken sein, schließlich kann nur er mit Gesetzen dafür sorgen, dass sich Unternehmen wie Google, Facebook & Co. an Datenschutzrichtlinien halten.
Umso bedauerlicher ist es, wenn der Staat in dieser Aufgabe versagt, oder sich gar auf die falsche Seite stellt.