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Local => Off-Topic (Deutsch) => Topic started by: 600watt on February 03, 2021, 12:27:42 PM



Title: blockchain machbarkeits studie
Post by: 600watt on February 03, 2021, 12:27:42 PM
habe eine machbarkeitsstudie zum einsatz von Blockchain technologie im auftrag der bundesregierung gefunden.

kurzfassung:
https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Studien/blockchain-smart-meter-gateway-kurzfassung.pdf?__blob=publicationFile&v=4 (https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Studien/blockchain-smart-meter-gateway-kurzfassung.pdf?__blob=publicationFile&v=4)

allgemein:
https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Studien/blockchain-smart-meter-gateway.html (https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Studien/blockchain-smart-meter-gateway.html)


mir geht es vor allem um die kurzfassung.  ich kann den mehrwert oder den nutzen des einsatzes von blockchain hier nicht finden. das ist doch nur heisse luft, oder? das kann doch überhaupt garnicht funktionieren. die schlagen eine nicht-öffentliche blockchain vor. aber dann wäre der einsatz bestehender datenbanken (zb sql) viel sinnvoller, oder?


edit: die studie ist aus dem jahre 2019, habe ich aber erst heute entdeckt.


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: qwk on February 03, 2021, 01:56:18 PM
mir geht es vor allem um die kurzfassung.  ich kann den mehrwert oder den nutzen des einsatzes von blockchain hier nicht finden. das ist doch nur heisse luft, oder? das kann doch überhaupt garnicht funktionieren. die schlagen eine nicht-öffentliche blockchain vor. aber dann wäre der einsatz bestehender datenbanken (zb sql) viel sinnvoller, oder?
Kurze Antwort: eine private Blockchain wäre Unsinn, und der Anwendungsfall durch eine zentrale Datenbank besser abzudecken.

Lange Antwort:
In der Kurzfassung ist von einer privaten, nicht-öffentlichen Blockchain die Rede.

Privat heißt stets zentralisiert, damit verbietet sich der Einsatz einer Blockchain.
Dies ist Konsens aller Informatiker, die sich auch nur zu 10% mit der Thematik auskennen.

Nicht-öffentlich hingegen ist eine andere Fragestellung.
Grundsätzlich könnte man sich nicht-öffentliche Blockchains vorstellen, aber hier wäre die Frage, wie sich die Nicht-Öffentlichkeit gewährleisten lässt.
Letzten Endes gibt es dafür nur zwei in der Informatik bekannte Lösungen:
- eine zentrale Instanz -> der Einsatz einer Blockchain verbietet sich
- Proof-of-Work als Zugriffshürde -> nicht wirklich nicht-öffentlich, sondern allen Akteuren zugänglich, die den entsprechenden PoW erbringen können
Es ist Stand heute in der Informatik keine weitere Lösung beschrieben und allgemein akzeptiert.

Im PDF wird als Argument für den Einsatz einer Blockchain der Anwendungsfall "Peer-to-Peer-Handel" erwähnt:
Letztlich bietet die Blockchain-Lösung als höherwertige digitale Infrastruktur auch eine skalierbare, interoperable und sichere Grundlage für zukünftige Anwendungsfälle zwischen dezentralen Marktakteuren, wie z.B. den direkten Peer-to-Peer-Handel.
Ein solcher Einsatzzweck verbietet sich im Rahmen der regulatorischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland, worauf das PDF auch hinweist:
Aus regulatorischer Sicht ist insbesondere die Einbindung von Blockchain und SMGW bei der Registrierung in der Anlagendatenbank unter den aktuellen regulatorischen Rahmenbedingungen des EnWG und der MaStRV zu ermöglichen. Hier besteht Gestaltungsspielraum für den Verordnungsgeber.
weshalb der Autor im von mir hervorgehobenen Satz "Gestaltungsspielraum" erwähnt, oder in anderen Worten: Gesetzesänderungen als Voraussetzung für die tatsächliche Nutzbarkeit seiner Blockchain ansieht.

In diesem Sinne fasse ich das PDF einmal ganz einfach zusammen:
Unsere Idee mit einer Blockchain funktioniert nicht und ist illegal. ::)


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: 600watt on February 03, 2021, 02:31:07 PM

vielen dank für deine antwort. das hilft mir weiter!

ich bin auf der suche nach echter, angewandter blockchain technologie. (ausser shitcoins, defi, usw)

habe mal bei den "grossen vier" unternehmungsberatern nachgesehen, was auf deren websites so zum thema blockchain-not-bitcoin steht. demnach müsste es von blockchain produkten nur so wimmeln...





Ernst&Young:

Quote
„Blockchain ist mehr als nur ein Datensicherheitsprotokoll. Es könnte die Art und Weise, wie Branchen und Individuen Geschäfte machen, von Grund auf verändern.“

„Unternehmensverantwortliche sollten diese Technologie nicht nur als Möglichkeit begreifen, um bestehende Prozesse zu optimieren. Sie sollten vielmehr ihre Geschäftsmodelle danach neu ausrichten.“

„Die Internet-basierte Blockchain-Software könnte sich als große Bedrohung für große Unternehmen in der Finanz- und Informationsdienstleistungsbranche herausstellen.“
„Wie bei so vielen digitalen Umbrüchen kann Blockchain bestehende Unternehmen und Geschäftsmodelle zerstören. Das ist die größte Gefahr.“

„Wissen ist Macht, und Blockchain kann die verfügbare Menge an Informationen erheblich steigern.“

„Fazit
Blockchain kann viele Geschäftsprozesse optimieren. Doch Unternehmen müssen sich auch darauf konzentrieren, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.“



Deloitte:

Quote
„Blockchains werden in nur wenigen Jahren die Welt auf den Kopf stellen. Was verspricht diese revolutionäre Erfindung? Warum geraten durch sie die Geschäftsmodelle ganzer Branchen in Gefahr – und wie können Unternehmen das gewaltige Nutzungs- und Transformationspotenzial dieser neuen Technology ausschöpfen?“
 
„Sollte zutreffen, worin sich Nerds, Analysten und Wirtschaftswissenschaftler weitgehend einig sind, ist die Blockchain ein ökonomischer Meilenstein mit weltweiten Auswirkungen“

„Neben dem bereits heute vorhandenen „Internet der Informationen“ soll die Blockchain das „Internet der Werte“ schaffen. Nicht nur für das Finanz-Business wären die Folgen fundamental, die Idee eines dezentralen, unveränderbaren Datenregisters könnte ganze Unternehmenslandschaft auf den Kopf stellen – der Effekt wäre mit der Einführung der Doppelten Buchführung vor über 500 Jahren vergleichbar.“

„Eines Tages, prophezeien Experten, wird die Blockchain sogar die gesamten Vermögenswerte der Welt abbilden.“

„Vollständig ausgereift, könnte die Blockchain mit diesen Eigenschaften in Hinblick auf Sicherheit, Authentizität, Privatsphäre und Zugänglichkeit einen revolutionären Fortschritt für viele Unternehmensbereiche und Branchen bedeuten.“

„Ihre Auswirkungen auf die internationale Wirtschaft werden nach Ansicht unserer Experten die Bedeutung der Doppelten Buchführung sogar noch übertreffen: Die neue Technologie wäre dann nur noch vergleichbar mit den Erfindungen des Rads, der Druckerpresse oder des Internets!“



KPMG

Quote
Blockchains sind dezentrale Datenbanken, die Transaktionsdaten ohne eine zentrale Kontrollinstanz verwalten können. Die Technologie hilft somit dabei, Prozesse zu beschleunigen, Kosten zu reduzieren und Arbeitsabläufe transparenter zu gestalten.
Jeder dritte Investment Manager plant die Implementierung einer Blockchain-Technologie. Die größten Auswirkungen der Blockchain sehen die Investment Manager in den Bereichen Handel und Abwicklung, Depotführung und Kapitalmaßnahmen.

Entgegen aller Erwartungen hat sich die Blockchain-Technologie von einer überbewerteten Technologie zu einer festen Größe in der Technologiebranche entwickelt. In der Umfrage landete die Technologie auf Platz 4. 41 Prozent der Umfrageteilnehmer wollen die Blockchain-Technologie in den nächsten drei Jahren implementieren.

Als Herausforderung wurden am häufigsten die Aspekte Komplexität und Sicherheit genannt. Hinzu kommt, dass der konkrete Mehrwert und der Geschäftsnutzen der neuen Technologien häufig noch nicht klar sind.

„Die Blockchain-Technologie bietet etliche Vorteile für Handel und Konsumgüter- industrie – insbesondere im Bereich
der Supply Chain. Durchsetzen werden sich die Anwendungen, die den größten Mehrwert an globaler Transparenz in Bezug auf Produkteigenschaften und Lieferkette sowie Effizienz versprechen.“

Der flächenhafte Einsatz der Blockchain-Technologie im Handel steckt noch in den Kinderschuhen. Viele Ideen und Einsatzoptionen der Blockchain in Unternehmen scheitern an einer Formulierung klarer Ziele oder der Messbarkeit des ROI. Hier gilt für innovative Unternehmen die Devise ‚fail faster‘. Werden Sie Vorreiter, testen Sie neue Ansätze und definieren Sie Etappenziele, um kleine Erfolge zu feiern.“ (aus kpmg studie)



PwC

Quote
Die Blockchain-Technologie ist auf einem rasanten Vormarsch und verändert die Unternehmenswelt nachhaltig.

Viele Unternehmen haben das Potenzial der neuen Technologie bereits erkannt und nutzen sie, um bestehende digitale Prozesse zu modernisieren und zu verbessern, neue Geschäftsmöglichkeiten zu generieren oder gar gesamte Geschäftsfelder zu revolutionieren.

Blockchain ist eine leistungsstarke Technologie mit dem Potenzial, bestehende Prozesse zu verbessern und zu optimieren, neue Geschäftsmöglichkeiten zu erschaffen und ganze Geschäftsfelder umzugestalten. Jedes Unternehmen muss seine möglichen Anknüpfungspunkte mit der Blockchain-Technologie individuell beleuchten, abhängig von der Branche, Geschäfts- und IT-Strategie, Wertschöpfung und vielen anderen Variablen.

(https://www.pwc.de/de/digitale-transformation/trusted-blockchain/trusted-blockchain-unsere-services.html#blockchain-grc-services (hier ist eine tolle bullshit Grafik eingestellt… lol)

Blockchain ist weit mehr als nur eine Technologie zum Austausch von Assets zwischen Nutzern über ein Netzwerk hinweg. Sie zeigt großes Potential, etablierte Geschäftsmodelle nachhaltig zu verändern, wie z.B. bei der Lebensmittelsicherheit in Lieferketten oder dem Handel mit Aktien auf dem offenen Finanzmarkt, indem validierte Informationen sofort über das Netzwerk verteilt werden.


meine these ist, dass blockchain gar keine eigenständige technologie ist. nur eine datenbankstruktur. ein buzzword.


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: qwk on February 03, 2021, 03:11:34 PM
meine these ist, dass blockchain gar keine eigenständige technologie ist. nur eine datenbankstruktur. ein buzzword.
Das ist natürlich eine Frage der Definition.
Blockchain per se ist jedenfalls nur ein winziger Baustein.
Ich würde Blockchain in der Informatik als Paradigma bezeichnen, vergleichbar mit "funktional", "relational", "objektorientiert" o.ä.

Als Technologie im engeren Sinne muss man Blockchain wohl durchaus bezeichnen, schließlich ist auch ein Hammer in einer strengen Diktion eine Technologie.
Der Begriff "Technologie" ist dahingehend ohnehin kritisch zu bewerten, da er seinerseits unscharf definiert ist.
Das rührt daher, dass es sich um ein modernes amerikanisches Lehnwort handelt, und heute weitestgehend synonym mit lediglich einer spezifischen Bedeutung des älteren griechischen Lehnworts "Technik" Verwendung findet, und sich hierbei insbesondere auf moderne, IT-basierte Technik bezieht.
Im Sinne echter "Technik" ist Blockchain jedenfalls ziemlich schwach auf der Brust.

Eine Datenbankstruktur ist Blockchain im Übrigen nur in einer spezifischen Sichtweise.
Die Daten in einer Blockchain liegen serialisiert vor und werden über einen Merkle-Tree als Baum gelesen.
Im Sinne einer Datenbank würde man hier von einer hierarchischen* Datenbank sprechen.
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird bei einer Datenbank allerdings vom relationalen Datenbankmodell ausgegangen, wie man es bspw. von PostgreSQL, MySQL, MsSQL, Oracle etc. kennt.

Ein Buzzword ist Blockchain aber in jedem Fall. ;)


* edit: erwähnenswert wäre noch, dass die hierarchische Struktur eines Merkle-Trees in einer Blockchain in ihrer Nutzbarkeit gegenüber anderen hierarchischen Datenbanken beschränkt ist.
Am besten ist das am Vergleich mit einem simplen hierarchischen Modell zu erkennen, das wohl jedem geläufig ist: einem Dateisystem.
In einem Dateisystem sind die Daten sinnvoll nutzbar, wenn auch nur ein Teil oder "Zweig" der hierarchischen Struktur bekannt ist.
Wenn ich lediglich Zugriff auf den Inhalt eines einzelnen Ordners habe, kann ich mit den Dateien sinnvoll etwas anfangen.
Ist mir hingegen lediglich ein Zweig des Merkle-Trees einer Blockchain bekannt, kann ich mit diesen Daten lediglich sehr beschränkt, oder zumindest nicht sinnvoll etwas anfangen, ich benötige stets die Kenntnis des gesamten Teil-Baums bis hin zum Ausgangspunkt. Im Falle von Bitcoin also bis hin zum Genesis Block.


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: qwk on February 03, 2021, 03:28:24 PM
ich bin auf der suche nach echter, angewandter blockchain technologie. (ausser shitcoins, defi, usw)
Nachdem ich selbst seit mittlerweile rund zehn Jahren suche, kann ich dir das Ergebnis meiner Suche mitteilen:
1. Bitcoin (bzw. auch andere, echt dezentrale Coins mit Proof of Work)
2. Namecoin
3. Gambling
4. CryptoKitties* (wobei ich das kritisch sehe, da zumindest keine mir bekannte Implementation tatsächlich dezentral ist)
Alle anderen, mir geläufigen Einsätze von Blockchain sind dysfunktional oder fehlgeleitet.

Sieht man CryptoKitties als eine spezifische Nutzung von Colored Coins an*, sind also alle bekannten, funktionalen Anwendungsfälle von Blockchains seit ca. 2011 bekannt.
Es gab keine Innovation in den vergangenen 9 Jahren.

* so würde ich das sehen, aber darüber kann man streiten


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: qwk on February 03, 2021, 03:57:42 PM
alle bekannten, funktionalen Anwendungsfälle von Blockchains seit ca. 2011 bekannt.
Es gab keine Innovation in den vergangenen 9 Jahren.
Um das Argument etwas weiter zu spinnen:

Gehen wir für diese Argumentation davon aus, dass tatsächlich alle bekannten Anwendungsfälle schon seit ca. 2011 bekannt waren.
D.h. in den ersten zwei bis drei Jahren der Entwicklung gab es Innovationen, seither nicht mehr.

Gehen wir des Weiteren davon aus, dass die Entwicklergemeinde, die sich tiefergehend* mit Blockchain auseinander gesetzt hat, zunächst sehr klein war, und seither konsequent gewachsen ist.
2008 gab es zwei Entwickler: Satoshi und Hal.
Gehen wir spaßeshalber davon aus, dass sich die Anzahl der Entwickler seither jährlich verdoppelt hat.
2009: 4
2010: 8
2011: 16
2012: 32
2013: 64
2014: 128
2015: 256
2016: 512
2017: 1024
2018: 2048
2019: 4096
2020: 8192
(die Zahlen halte ich gegen Ende, ehrlich gesagt, für zu hoch)

Also wurde näherungsweise in jedem Jahr die entsprechende Anzahl an "Mann-Jahren" in die Suche nach Anwendungsfällen investiert.
(Dies ist auch wahr, wenn die Entwickler natürlich nicht die ganze Zeit nach neuen Anwendungsfällen suchen, sofern der Anteil der Arbeit, die sie auf eine solche Suche verwenden, bei allen gleich ist).

Folglich wurden in den ersten vier Jahren (2008 ... 2011) 2+4+8+16 = 30 Mannjahre in die Suche nach Anwendungsfällen investiert, und alle vier bekannten Anwendungsfälle gefunden.

In den folgenden 9 Jahren (2012 ... 2020) wurden 32+64+128+256+512+1024+2048+4096+8192 = 16.352 Mannjahre in die erfolglose Suche nach weiteren Anwendungsfällen investiert.

Man kann also sagen, dass die bekannten Anwendungsfälle in den ersten 30/16382 Mannjahren entdeckt, bzw. mit den ersten 0,2% der aufgewendeten Suchleistung gefunden wurden.
Die weiteren 99,8% der Suchleistung waren ergebnislos.

Man kann also in gewisser Weise mit 99,8%iger Sicherheit sagen, dass es keine weiteren Anwendungsfälle für Blockchains gibt.

edit: da ich persönlich die Zahlen in den ersten zwei, drei, vier Jahren etwas höher schätzen würde, und später etwas niedriger, würde ich den realistischen Wert eher irgendwie bei 98% schätzen.

* also nicht irgendwelche "Anwendungs-Programmierer", die eine Website Außenrum bauen oder dergleichen, sondern diejenigen, die sich "hardcore" mit den Interna von Blockchains beschäftigen.


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: 600watt on February 03, 2021, 05:00:00 PM
meine these ist, dass blockchain gar keine eigenständige technologie ist. nur eine datenbankstruktur. ein buzzword.
Das ist natürlich eine Frage der Definition.
Blockchain per se ist jedenfalls nur ein winziger Baustein.
Ich würde Blockchain in der Informatik als Paradigma bezeichnen, vergleichbar mit "funktional", "relational", "objektorientiert" o.ä.

Als Technologie im engeren Sinne muss man Blockchain wohl durchaus bezeichnen, schließlich ist auch ein Hammer in einer strengen Diktion eine Technologie.
Der Begriff "Technologie" ist dahingehend ohnehin kritisch zu bewerten, da er seinerseits unscharf definiert ist.
Das rührt daher, dass es sich um ein modernes amerikanisches Lehnwort handelt, und heute weitestgehend synonym mit lediglich einer spezifischen Bedeutung des älteren griechischen Lehnworts "Technik" Verwendung findet, und sich hierbei insbesondere auf moderne, IT-basierte Technik bezieht.
Im Sinne echter "Technik" ist Blockchain jedenfalls ziemlich schwach auf der Brust.

Eine Datenbankstruktur ist Blockchain im Übrigen nur in einer spezifischen Sichtweise.
Die Daten in einer Blockchain liegen serialisiert vor und werden über einen Merkle-Tree als Baum gelesen.
Im Sinne einer Datenbank würde man hier von einer hierarchischen* Datenbank sprechen.
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird bei einer Datenbank allerdings vom relationalen Datenbankmodell ausgegangen, wie man es bspw. von PostgreSQL, MySQL, MsSQL, Oracle etc. kennt.

Ein Buzzword ist Blockchain aber in jedem Fall. ;)


* edit: erwähnenswert wäre noch, dass die hierarchische Struktur eines Merkle-Trees in einer Blockchain in ihrer Nutzbarkeit gegenüber anderen hierarchischen Datenbanken beschränkt ist.
Am besten ist das am Vergleich mit einem simplen hierarchischen Modell zu erkennen, das wohl jedem geläufig ist: einem Dateisystem.
In einem Dateisystem sind die Daten sinnvoll nutzbar, wenn auch nur ein Teil oder "Zweig" der hierarchischen Struktur bekannt ist.
Wenn ich lediglich Zugriff auf den Inhalt eines einzelnen Ordners habe, kann ich mit den Dateien sinnvoll etwas anfangen.
Ist mir hingegen lediglich ein Zweig des Merkle-Trees einer Blockchain bekannt, kann ich mit diesen Daten lediglich sehr beschränkt, oder zumindest nicht sinnvoll etwas anfangen, ich benötige stets die Kenntnis des gesamten Teil-Baums bis hin zum Ausgangspunkt. Im Falle von Bitcoin also bis hin zum Genesis Block.


ja, die kategorisierungen/definitionen sind per se bereits problematisch. das merkt man schon wenn man so etwas wie "stuhl" hinreichend definieren will. das ist fast unmöglich, wir wissen trotzdem alle, was ein stuhl ist.

ja, ein hammer ist auf jeden fall technologie. (ich würde den begriff sogar noch weiter fassen und auch kulturtechniken wie schreiben als technologie bezeichnen.)

eine digitalisierte datenbank ist dann wohl schon im weitesten sinne als technologisch zu bezeichnen. worauf ich hinaus möchte ist, ob es eine technologie in dem sinne ist, dass sie irgendein problem besser lösen kann als bisher. ob die verwendung der technologie einen (wirtschaftlichen?) nutzen hat. ob sie geeignet ist im weitesten sinne das zu ermöglichen, was wir fortschritt nennen.



Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: 600watt on February 03, 2021, 05:17:48 PM
ich bin auf der suche nach echter, angewandter blockchain technologie. (ausser shitcoins, defi, usw)
Nachdem ich selbst seit mittlerweile rund zehn Jahren suche, kann ich dir das Ergebnis meiner Suche mitteilen:
1. Bitcoin (bzw. auch andere, echt dezentrale Coins mit Proof of Work)
2. Namecoin
3. Gambling
4. CryptoKitties* (wobei ich das kritisch sehe, da zumindest keine mir bekannte Implementation tatsächlich dezentral ist)
Alle anderen, mir geläufigen Einsätze von Blockchain sind dysfunktional oder fehlgeleitet.

Sieht man CryptoKitties als eine spezifische Nutzung von Colored Coins an*, sind also alle bekannten, funktionalen Anwendungsfälle von Blockchains seit ca. 2011 bekannt.
Es gab keine Innovation in den vergangenen 9 Jahren.

* so würde ich das sehen, aber darüber kann man streiten

dann bist du ja genau der richtige ansprechpartner für mich.  :)
mit gambling meinst du sowas wie satoshi dice oder allgemeine shitcoinery? oder ganz was anderes?

meiner beobachtung nach glauben die meisten leute, dass "blockchain die technologie hinter bitcoin" ist. steht ja seit jahren in fast jedem bericht in der mainstream presse. das hat sich verselbständigt. in den köpfen der leute ist die censorship resistance, die unfälschbarkeit und nicht-manipulierbarkeit von bitcoin-transaktionen eine funktion der blockchain technologie. in wirklichkeit ist sind es aber emergente eigenschaften der bitcointechnologie insgesamt.  mich regen diese 8500 shitcoins und dieses ewige "bitcoin-ist-schlecht-blockchain-ist-die-antwort" dermassen auf, dass ich beschlossen habe meine gedanken zu dem thema zu sortieren und diesen fragen mal ein bisschen tiefer auf den grund zu gehen als mit launigen shitposts.   expertise ist aber selbst hier im forum dünner gesät als erwartet.    finde ich ja klasse, dass du dazu soviel zu sagen hast/dir gedanken gemacht hast.  
am liebsten würde ich ja mal den herrn phillip sandner dazu befragen. der ist ja sozusagen professor für blockchain...  :)
er leitet das Blockchain Center an der Frankfurt School of Finance & Management --- DER müsste das doch alles wissen, das ist sein job...

was er davon halten würde, wenn ich ihm sage, dass ich denke, dass er ein buzzword center leitet?

edit:
Quote
Das deutsche Wirtschaftsmagazin Capital listet Sandner in der Kategorie „Top 40 unter 40“. Er gehört zudem nach Aussage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu den 30 einflussreichsten Ökonomen Deutschlands in den Jahren 2018[5] und 2019[6]
Quote
Sandner ist seit 2017 aufgrund seiner Expertise in den FinTech-Rat des Bundesfinanzministeriums[2][3] und in die Arbeitsgruppe des EU Blockchain Observatory der Europäischen Union[4] berufen worden. Auch die Arbeitsgruppe “Nationale Risikoanalyse”, die vom Bundesfinanzministerium eingerichtet wurde, befragte Sandner zum Thema Kryptowährungen.[2]

da sollte ich wohl ein bisschen vorsichtig sein...  :)


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: 600watt on February 03, 2021, 05:29:32 PM
alle bekannten, funktionalen Anwendungsfälle von Blockchains seit ca. 2011 bekannt.
Es gab keine Innovation in den vergangenen 9 Jahren.
Um das Argument etwas weiter zu spinnen:

Gehen wir für diese Argumentation davon aus, dass tatsächlich alle bekannten Anwendungsfälle schon seit ca. 2011 bekannt waren.
D.h. in den ersten zwei bis drei Jahren der Entwicklung gab es Innovationen, seither nicht mehr.

Gehen wir des Weiteren davon aus, dass die Entwicklergemeinde, die sich tiefergehend* mit Blockchain auseinander gesetzt hat, zunächst sehr klein war, und seither konsequent gewachsen ist.
2008 gab es zwei Entwickler: Satoshi und Hal.
Gehen wir spaßeshalber davon aus, dass sich die Anzahl der Entwickler seither jährlich verdoppelt hat.
2009: 4
2010: 8
2011: 16
2012: 32
2013: 64
2014: 128
2015: 256
2016: 512
2017: 1024
2018: 2048
2019: 4096
2020: 8192
(die Zahlen halte ich gegen Ende, ehrlich gesagt, für zu hoch)

Also wurde näherungsweise in jedem Jahr die entsprechende Anzahl an "Mann-Jahren" in die Suche nach Anwendungsfällen investiert.
(Dies ist auch wahr, wenn die Entwickler natürlich nicht die ganze Zeit nach neuen Anwendungsfällen suchen, sofern der Anteil der Arbeit, die sie auf eine solche Suche verwenden, bei allen gleich ist).

Folglich wurden in den ersten vier Jahren (2008 ... 2011) 2+4+8+16 = 30 Mannjahre in die Suche nach Anwendungsfällen investiert, und alle vier bekannten Anwendungsfälle gefunden.

In den folgenden 9 Jahren (2012 ... 2020) wurden 32+64+128+256+512+1024+2048+4096+8192 = 16.352 Mannjahre in die erfolglose Suche nach weiteren Anwendungsfällen investiert.

Man kann also sagen, dass die bekannten Anwendungsfälle in den ersten 30/16382 Mannjahren entdeckt, bzw. mit den ersten 0,2% der aufgewendeten Suchleistung gefunden wurden.
Die weiteren 99,8% der Suchleistung waren ergebnislos.

Man kann also in gewisser Weise mit 99,8%iger Sicherheit sagen, dass es keine weiteren Anwendungsfälle für Blockchains gibt.

edit: da ich persönlich die Zahlen in den ersten zwei, drei, vier Jahren etwas höher schätzen würde, und später etwas niedriger, würde ich den realistischen Wert eher irgendwie bei 98% schätzen.

* also nicht irgendwelche "Anwendungs-Programmierer", die eine Website Außenrum bauen oder dergleichen, sondern diejenigen, die sich "hardcore" mit den Interna von Blockchains beschäftigen.

ich denke, die anwedungsfälle, wenn sie welche gäbe, sollten nicht gesucht werden müssen - die müssten doch offensichtlich sein, oder?

wenn kein einziges start-up, kein incubator, keine blockchain marathons, und all die abteilungen der firmen, die viel geld in die hand genommen haben um anwendungsbereiche zu finden, und dazu noch all die 8500 shitcoins, denen eine sinnvoller use case ja auch nicht unwillkommen wäre - wenn all die in all den jahren NIX finden, dann kann man davon ausgehen, dass sich da nichts finden lässt, weil es schlichtweg nichts gibt.

man sollte also nicht von blockchain-technologie schreiben, welche bitcoin ermöglicht, sondern von Bitcointechnologie (ähnlich Automobiltechnologie, Computertechnologie, Getränketechnologie)?



Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: Bullethead21 on February 04, 2021, 12:10:32 PM
ich bin auf der suche nach echter, angewandter blockchain technologie. (ausser shitcoins, defi, usw)
Nachdem ich selbst seit mittlerweile rund zehn Jahren suche, kann ich dir das Ergebnis meiner Suche mitteilen:
1. Bitcoin (bzw. auch andere, echt dezentrale Coins mit Proof of Work)
2. Namecoin
3. Gambling
4. CryptoKitties* (wobei ich das kritisch sehe, da zumindest keine mir bekannte Implementation tatsächlich dezentral ist)
Alle anderen, mir geläufigen Einsätze von Blockchain sind dysfunktional oder fehlgeleitet.

Sieht man CryptoKitties als eine spezifische Nutzung von Colored Coins an*, sind also alle bekannten, funktionalen Anwendungsfälle von Blockchains seit ca. 2011 bekannt.
Es gab keine Innovation in den vergangenen 9 Jahren.

* so würde ich das sehen, aber darüber kann man streiten

Falsch... mittlerweile werden auf vielen Seiten selbst die CSGO Skins auf der Ethereum Chain gelagert. Zumindest bei den Resellern.


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: qwk on February 04, 2021, 12:52:48 PM
4. CryptoKitties* (wobei ich das kritisch sehe, da zumindest keine mir bekannte Implementation tatsächlich dezentral ist)
Falsch... mittlerweile werden auf vielen Seiten selbst die CSGO Skins auf der Ethereum Chain gelagert. Zumindest bei den Resellern.
Ich wäre dir dankbar, wenn du etwas ausführlicher schreibst, was du sagen möchtest, mit meinen bescheidenen Vorkenntnissen muss ich raten.
Deshalb gehe ich mal davon aus, dass sich dein Kommentar auf die CryptoKitties bezog.
Und du willst darauf hinaus, dass es tatsächlich dezentrale Implementationen gibt, weil die "CSGO Skins" (wozu ich erst googeln musste, dass es sich dabei um Texturdateien/-pakete handelt) auf der Ethereum Chain gelagert werden.

Vorab: ich bestreite nicht, dass echte, dezentrale Cryptokitties möglich sind, weshalb ich sie explizit als reale, vierte Anwendung von Blockchains bezeichne.
Deshalb interessiert es mich sehr, wie diese Implementation mit den Skins aussieht.
Diese Implementation wäre nicht dezentral, wenn:
- die Grafikdateien der Skins außerhalb der Blockchain selbst erzeugt werden (mit einem Grafikprogramm o.ä.)
- die Grafikdateien außerhalb des Netzwerks der Blockchain selbst gespeichert sind, und nur dort verlinkt werden

Meine Vermutung wäre nun, dass keinesfalls die Texturdateien selbst innerhalb der Ethereum-Blockchain gespeichert werden, sondern dort nur "verlinkt" sind, bzw. dort eine Art Schlüssel zur Freigabe dieser Dateien (i.S.v. DRM*) gelagert wird.
Das aber wäre zentral, und keineswegs dezentral. Der Einsatz einer Blockchain verbietet sich hierbei, und ist bloßer Hype.

Also wohlgemerkt, ich lasse mich gerne eines besseren belehren, wie genau sieht denn die Implementation dieser "CSGO Skins" in der Ethereum-Blockchain aus?

* zum Thema DRM ganz allgemein: nachdem jahrelang überlegt wurde, ob sich dies als Anwendungsfall für Blockchains eignet, ist bis heute keine nutzbare Lösung entstanden, die aus der Nutzung von Blockchains einen Vorteil zieht. Vielmehr stellen alle mir bekannten Implementationen tatsächlich einfache PKIs dar. Das ist die häufigste "Mogelpackung" im Bereich von "Blockchain-Technologie". Die Blockchain bietet hierbei keinen Nutzen, der nicht von der 80er-Jahre-Technologie PKI (https://en.wikipedia.org/wiki/Public_key_infrastructure) bereits vollständig abgedeckt wäre.


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: Bullethead21 on February 04, 2021, 01:02:54 PM
4. CryptoKitties* (wobei ich das kritisch sehe, da zumindest keine mir bekannte Implementation tatsächlich dezentral ist)
Falsch... mittlerweile werden auf vielen Seiten selbst die CSGO Skins auf der Ethereum Chain gelagert. Zumindest bei den Resellern.
Ich wäre dir dankbar, wenn du etwas ausführlicher schreibst, was du sagen möchtest, mit meinen bescheidenen Vorkenntnissen muss ich raten.
Deshalb gehe ich mal davon aus, dass sich dein Kommentar auf die CryptoKitties bezog.
Und du willst darauf hinaus, dass es tatsächlich dezentrale Implementationen gibt, weil die "CSGO Skins" (wozu ich erst googeln musste, dass es sich dabei um Texturdateien/-pakete handelt) auf der Ethereum Chain gelagert werden.

Vorab: ich bestreite nicht, dass echte, dezentrale Cryptokitties möglich sind, weshalb ich sie explizit als reale, vierte Anwendung von Blockchains bezeichne.
Deshalb interessiert es mich sehr, wie diese Implementation mit den Skins aussieht.
Diese Implementation wäre nicht dezentral, wenn:
- die Grafikdateien der Skins außerhalb der Blockchain selbst erzeugt werden (mit einem Grafikprogramm o.ä.)
- die Grafikdateien außerhalb des Netzwerks der Blockchain selbst gespeichert sind, und nur dort verlinkt werden

Meine Vermutung wäre nun, dass keinesfalls die Texturdateien selbst innerhalb der Ethereum-Blockchain gespeichert werden, sondern dort nur "verlinkt" sind, bzw. dort eine Art Schlüssel zur Freigabe dieser Dateien (i.S.v. DRM*) gelagert wird.
Das aber wäre zentral, und keineswegs dezentral. Der Einsatz einer Blockchain verbietet sich hierbei, und ist bloßer Hype.

Also wohlgemerkt, ich lasse mich gerne eines besseren belehren, wie genau sieht denn die Implementation dieser "CSGO Skins" in der Ethereum-Blockchain aus?

* zum Thema DRM ganz allgemein: nachdem jahrelang überlegt wurde, ob sich dies als Anwendungsfall für Blockchains eignet, ist bis heute keine nutzbare Lösung entstanden, die aus der Nutzung von Blockchains einen Vorteil zieht. Vielmehr stellen alle mir bekannten Implementationen tatsächlich einfache PKIs dar. Das ist die häufigste "Mogelpackung" im Bereich von "Blockchain-Technologie". Die Blockchain bietet hierbei keinen Nutzen, der nicht von der 80er-Jahre-Technologie PKI (https://en.wikipedia.org/wiki/Public_key_infrastructure) bereits vollständig abgedeckt wäre.

Bezüglich der CSGO Skins geht es nicht um das speichern der Grafiken selbst auf der Blockchain. Diese Grafiken sind Herstellerseitig bei Steam integriert. Steam selbst speichert diese auch in keinsterweise auf der Blockchain.
Vielmehr geht es um den Retailmarket für die Skins, welcher mit >2Mrd Usd nicht gerade eine Nische ist. Für den Retailmarkt ist es um einiges einfacher die teilweise sehr hochpreisigen Skins bzw. deren Besitzverhältniss über die Blockchain zu regeln. Ansonsten müßte man bei jedem Retail den Kauf/Tausch über Steam Bots durchführen, was nicht gewollt ist.

Zur Besitzübertragung absolut genial.


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: qwk on February 04, 2021, 01:23:14 PM
Bezüglich der CSGO Skins geht es nicht um das speichern der Grafiken selbst auf der Blockchain. Diese Grafiken sind Herstellerseitig bei Steam integriert. Steam selbst speichert diese auch in keinsterweise auf der Blockchain.
Vielmehr geht es um den Retailmarket für die Skins, welcher mit >2Mrd Usd nicht gerade eine Nische ist. Für den Retailmarkt ist es um einiges einfacher die teilweise sehr hochpreisigen Skins bzw. deren Besitzverhältniss über die Blockchain zu regeln. Ansonsten müßte man bei jedem Retail den Kauf/Tausch über Steam Bots durchführen, was nicht gewollt ist.
Das bestätigt also meine Vermutung.
Was du hier beschreibst, ist eine PKI.
Mit Blockchain hat das nichts zu tun.
Blockchains sind für PKIs um (meine Schätzung) ein Dutzend Größenordnungen weniger performant als hierarchische Systeme, ohne irgendwelche erkennbaren Vorteile zu liefern.

Zu beobachten ist aber auch, dass zahlreiche Blockchain-"Usecases" eben solche PKIs sind.
Hier wird alter Wein in neuen Schläuchen vermarktet.

Ich vergleiche das gelegentlich mit dem Hype um XML Ende der Neunziger / Anfang der Nuller.
Die Serialisierung von Daten mittels XML bot in den wenigsten Fällen tatsächliche Vorteile, war aber eben "hip".

So gesehen ist "PKI over Blockchain" also eine Mogelpackung.


Nochmal: ich vermute, dass Skins für Spiele durchaus sinnvoll als echte Blockchain-Anwendung i.S.v. CryptoKitties implementierbar wären.
Ich denke dabei an einen Pattern Generator, der die eigentliche Skin direkt mittels Datenpunkten beschreibt, welche in der Blockchain gespeichert sind.
Somit ließe sich bspw. durch eine Transaktion ein eigenes Pattern erzeugen, welches seinerseits zur Erzeugung der eigentlichen Textur verwendet wird.
Seine Grenzen findet das allerdings in der Komplexität des Patterns.
Das Shannon-Theorem begrenzt die prinzipielle Komprimierbarkeit beliebiger Daten, so dass hochkomplexe Texturen stets auch Pattern benötigen, die ihrerseits sehr groß sind.
Die Datenmenge, die in der Blockchain selbst gespeichert werden müsste, ist also nicht beliebig klein, bzw. umgekehrt für eine gegebene Blockchain die speicherbaren Texturen nicht beliebig komplex.
Trotzdem halte ich das grundsätzlich für einen verfolgenswerten Ansatz.


Zur Besitzübertragung absolut genial.
Ja, PKIs sind die etablierte und sinnvolle Technologie für DRM*.
Allerdings schon seit den Neunziger Jahren, lange, bevor es Blockchains gab.

* unabhängig davon, ob man DRM selbst als sinnvoll ansieht oder nicht.


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: qwk on February 04, 2021, 01:44:42 PM
meine these ist, dass blockchain gar keine eigenständige technologie ist. nur eine datenbankstruktur. ein buzzword.
worauf ich hinaus möchte ist, ob es eine technologie in dem sinne ist, dass sie irgendein problem besser lösen kann als bisher. ob die verwendung der technologie einen (wirtschaftlichen?) nutzen hat. ob sie geeignet ist im weitesten sinne das zu ermöglichen, was wir fortschritt nennen.
Ich interpretiere die Fragestellung mal in präzisierter Form:

Ist eine Blockchain geeignet, irgendein Problem besser zu lösen als eine andere Technologie?
Wobei schon der Begriff "besser" problematisch ist; schließlich wäre zu definieren, in welchem Sinne "besser" gemeint ist.

IMHO (und hier muss ich leider wirklich bei einer Meinung bleiben, da ich mich außer Stande sehe, abschließend zu beurteilen, ob meine Einschätzung auch faktisch zutreffend ist):
- Blockchains sind um viele Größenordnungen langsamer als bspw. zentralisierte Datenspeicher.
- Blockchains bieten keine substantiellen Redundanzvorteile gegenüber anderen verteilten Datenspeichern.
- Blockchains stellen eine weniger geeignete Serialisierung von Daten dar als hierarchische Systeme.
- Blockchains lassen sich als Merkle-Tree (üblicherweise*) nur bei vollständiger Kenntnis des Teilbaums abbilden.
Das bedeutet, dass der Einsatz von Blockchains enorme Nachteile mit sich bringt.

Nun muss man ein geeignetes Argument finden, weshalb für einen vorgesehenen Einsatzzweck sich keine andere (bessere) Lösung als eine Blockchain eignet.
Satoshi Nakamoto konnte für den Einsatzzweck "Überprüfung gegen einen Doublespend eines einzigartigen Tokens in einem dezentralen, verteilten Peer-To-Peer-Netzwerk" keine bessere Lösung finden, weshalb er sich notgedrungen für eine Blockchain entscheiden musste.

Eine zumindest potentiell bessere Lösung für o.g. Problem bietet das, was allgemein als "DAG" bezeichnet wird (siehe DAG-Coin, IOTA, Hedera Hashgraph).
Leider sind alle bekannten Lösungen für DAGs derzeit vollständig zentralisiert, und es ist keine Lösung bekannt, wie sich ein solches System dezentral abbilden ließe.
Allerdings schließe ich persönlich nicht aus, dass vollständig dezentrale DAGs tatsächlich möglich sein könnten.


* Methoden wie Pruning etc. können das mitigieren.


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: qwk on February 04, 2021, 02:14:50 PM
ich bin auf der suche nach echter, angewandter blockchain technologie. (ausser shitcoins, defi, usw)
Nachdem ich selbst seit mittlerweile rund zehn Jahren suche, kann ich dir das Ergebnis meiner Suche mitteilen:
1. Bitcoin (bzw. auch andere, echt dezentrale Coins mit Proof of Work)
2. Namecoin
3. Gambling
4. CryptoKitties* (wobei ich das kritisch sehe, da zumindest keine mir bekannte Implementation tatsächlich dezentral ist)
mit gambling meinst du sowas wie satoshi dice oder allgemeine shitcoinery?
Ja, mit Gambling ist Satoshi Dice u.ä. gemeint.
Wobei hierbei erwähnenswert wäre, dass zumindest Gambling nach meinem Kenntnisstand derzeit auf der Bitcoin-Blockchains tatsächlich nicht dezentral umsetzbar ist, sondern lediglich auf anderen Blockchains, welche komplexere Smart Contacts zulassen als die eingebaute Script-Sprache von Bitcoin.
Ich bin kein Experte, was Taproot angeht, aber nach meinem ersten Eindruck könnte damit Gambling auf der Bitcoin-Blockchain möglich werden.


meiner beobachtung nach glauben die meisten leute, dass "blockchain die technologie hinter bitcoin" ist.
Den Eindruck habe ich auch, und die Leute könnten kaum falscher liegen ::)
Blockchain ist eine Krücke, die sich Bitcoin unter die Arme packen musste, weil nichts besseres zur Verfügung stand (wie im post weiter oben beschrieben).

Die "wahre" Technologie hinter Bitcoin ist tatsächlich Proof of Work.
Grundsätzlich ist ein Bitcoin auch mit anderen Datenspeichern als einer Blockchain denkbar (ob das nun sinnvoll ist oder nicht).
Ein vollständig dezentraler Coin ohne Proof of Work aber ist nach heutigem Stand der Technik nicht denkbar.

Erst PoW brachte die Möglichkeit mit sich, einen Anreiz für die Teilnehmer im Netzwerk zu schaffen, das Netzwerk immer stärker abzusichern (Mining), und die Arbeit für das Verifizieren von Transaktionen zu leisten.
Und das in vollständig dezentraler Form, permissionless, wie man so schön sagt.

Auch historisch lässt sich diese Entwicklung gut belegen, von Adam Backs HashCash über Hal Finneys RPoW.
Dieses PoW kombinierte Satoshi mit der Erzeugung von Coins in Wei Dais B-Money, und fertig war Bitcoin.
Die Blockchain war dann lediglich noch der Datenspeicher.

Die grundlegende Innovation "Proof of Work" aber kam von keinem dieser "Väter von Crypto", sondern von den IMHO zu Unrecht häufig übersehenen Helden Cynthia Dwork und Moni Naor.
Sofern irgendjemand einen Nobelpreis für die Erfindung von Bitcoin verdient, dann die beiden.


in den köpfen der leute ist die censorship resistance, die unfälschbarkeit und nicht-manipulierbarkeit von bitcoin-transaktionen eine funktion der blockchain technologie. in wirklichkeit ist sind es aber emergente eigenschaften der bitcointechnologie insgesamt.
Die Censorship Resistance ist ein Ergebnis der Block Reward.
Die Unfälschbarkeit resultiert aus dem Merkle-Tree, bzw. den darin gespeicherten Signaturen.
Die Nicht-Manipulierbarkeit gibt es (streng genommen) nicht, sondern lediglich eine scharfe Mitigation, die ihrerseits aus dem PoW resultiert.

Erstaunlicherweise ist also zu bemerken, dass die Blockchain als einzige eingesetzte Technologie keinen sonderlich wichtigen Beitrag zu Bitcoin leistet.


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: qwk on February 04, 2021, 02:33:24 PM
man sollte also nicht von blockchain-technologie schreiben, welche bitcoin ermöglicht, sondern von Bitcointechnologie (ähnlich Automobiltechnologie, Computertechnologie, Getränketechnologie)?
Ja.
Da du schon das Beispiel "Auto" bringst, gehe ich darauf mal näher ein.

Eine der Voraussetzungen für die technische Umsetzung eines funktionsfähigen Automobils war sicherlich der Ottomotor.
Natürlich gab es auch andere Voraussetzungen, wie Getriebe, Speichenräder etc.
Und schließlich hat sich ein Erfinder namens Carl Benz in seiner Werkstatt hingesetzt, und das erste praxistaugliche Automobil gebaut.
So, wie Satoshi Nakamoto aus den vorhandenen Bauteilen "PoW, Merkle-Tree, Verteilungsmechanismus nach Wei Dai, Blockchain" die erste praxistaugliche Kryptowährung zusammengebaut hat.

Man muss natürlich festhalten, dass das Automobil letzten Endes nicht von einer der Komponenten abhängig war.
So gab und gibt es Autos ohne Getriebe, mit Elektromotor, und mit anderen als Speichenrädern.
Dennoch wird man wohl ein Auto immer als Auto bezeichnen, und niemals behaupten, dass der Ottomotor die eigentlich bedeutsame Entwicklung darstellte.

In diesem Sinne würde ich "Blockchain" mit dem Ottomotor vergleichen, und Bitcoin mit dem Automobil.

Natürlich ist es denkbar (und auch keineswegs unwahrscheinlich), dass zukünftige Kryptowährungen entstehen, die eventuell anders zusammengesetzt sind als Bitcoin.
Und es ist auch nicht auszuschließen, dass diese eines Tages bedeutsamer sind als Bitcoin.
Aber so, wie wir den Namen Carl Benz stets mit der Erfindung des Automobils in Verbindung setzen werden, werden wir Satoshi Nakamoto immer für den Erfinder von Kryptowährungen halten.
Ob aber zukünftige Kryptowährungen stets eine Blockchain benötigen werden, halte ich für sehr zweifelhaft.

Ob wir zudem jemals echte Kryptowährungen ohne Proof of Work sehen werden, bezweifle ich stark, schließe es aber auch nicht grundsätzlich aus.


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: fronti on February 04, 2021, 02:37:08 PM
Ob wir zudem jemals echte Kryptowährungen ohne Proof of Work sehen werden, bezweifle ich stark, schließe es aber auch nicht grundsätzlich aus.
evtl sollte man das auf echte dezentrale Kryptowärungen einschränken.
Zentrale Instanzen mit steuerung und controllfunktionen könnte ich mir schon vorstellen. aber dann eben die Frage ob das noch eine "echte Kryptowärung" ist



Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: 600watt on February 05, 2021, 05:45:36 AM

Ja.
Da du schon das Beispiel "Auto" bringst, gehe ich darauf mal näher ein.

Eine der Voraussetzungen für die technische Umsetzung eines funktionsfähigen Automobils war sicherlich der Ottomotor.
Natürlich gab es auch andere Voraussetzungen, wie Getriebe, Speichenräder etc.
Und schließlich hat sich ein Erfinder namens Carl Benz in seiner Werkstatt hingesetzt, und das erste praxistaugliche Automobil gebaut.
So, wie Satoshi Nakamoto aus den vorhandenen Bauteilen "PoW, Merkle-Tree, Verteilungsmechanismus nach Wei Dai, Blockchain" die erste praxistaugliche Kryptowährung zusammengebaut hat


ich glaube ottomotor zu automobil ist gerade keine passende analogie. carl benz' gefährt wurde auch als pferdelose kutsche bezeichnet. und es ist genau die "pferdelosigkeit", die das neue, magische, unglaubliche am automobil war. ottomotoren sind viel eher die ermöglichende technologie des automobils als blockchain die ermöglichende technologie von bitcoin ist.

ottomotoren kann man überall einbauen. ob rasenmäher oder mofa, ob wasserpumpe, generator, etc.
der ottomotor ist fortschrittliche technologie, genau die eierlegende wollmilchsau, die blockchain NICHT ist.  wer das wirkprinzip des otto motors verstanden hatte, für den war es nicht schwer neue anwendungen zu finden. bei blockchain finden wir nicht nur keine anwendungen, wir können uns nicht einmal welche konkret vorstellen.

man könnte vielleicht den otto motor ganz allgemein mit der erfindung von datenbanken vergleichen. datenbanktechnologie kann man vielseitig einsetzen. dann wäre blockchain ein spezialfall einer datenbank, die so speziell ist, dass man sie bisher nur als komponente der bitcointechnologie sinnvoll einsetzen kann.

auf ein automobil bezogen würde ich blockchain vielleicht gerade noch als equivalent zur karosserie durchgehen lassen. weil blockchain, wenn schon nicht nur ein buzzword, eine struktur darstellt.

Quote
Man muss natürlich festhalten, dass das Automobil letzten Endes nicht von einer der Komponenten abhängig war.
So gab und gibt es Autos ohne Getriebe, mit Elektromotor, und mit anderen als Speichenrädern.
Dennoch wird man wohl ein Auto immer als Auto bezeichnen, und niemals behaupten, dass der Ottomotor die eigentlich bedeutsame Entwicklung darstellte.

In diesem Sinne würde ich "Blockchain" mit dem Ottomotor vergleichen, und Bitcoin mit dem Automobil.

vielleicht würde es besser passen, wenn wir eine andere analogie betrachten: das fahrrad und dessen komplexe entwicklung lohnt sich vielleicht:

was unsere modernen fahrräder ausmacht ist das zusammenspiel von rahmen, lenker, gabel, reifen, pedale und kette. zu vergleichen mit blockchain wäre womöglich die gabel mit nachlauf.  ohne gabel ist ein fahrrad kein fahrrad. ohne gabel mit nachlauf ist ein fahrrad kaum fahrbar, erst der nachlauf macht das fahrverhalten so stabil, dass wir es erlernen können. die gabel mit nachlauf ist das, was all die tausende von jahren gefehlt hat in der vorstellung der vermeintlichen fahrradkonstrukteure. aber wofür kann man gabeln mit nachlauf ausser beim bike (und motorrad) noch einsetzen? hm... gar nicht so offensichtlich.... das würde als analogie zu blockchain gut passen. (ja, die physik des fahrrades habe ich hier sehr vereinfacht dargestellt. genauso wichtig wie gabel mit nachlauf ist die lenkbarkeit der gabel und der winkel mit der sie am rahmen angebracht ist (lenkkopfwinkel))


(eine mögliche parallele existiert womöglich bereits darin, dass das fahrrad, genau wie bitcoin eine "unwahrscheinliche! oder "unerwartete" erfindung ist. das rad selbst wurde vor einigen 1000 jahren erfunden, weshalb hat es bis ins 19.jhdt gedauert, bis jemand auf die idee kam, zwei räder hintereinander zu platzieren? soooo fern liegt der gedanke nun auch nicht. meines erachtens lag es daran, dass sich niemand vorstellen konnte, dass ein fahrrad sich stabil bewegen lassen würde. jedem war klar, dass so ein gefährt sofort umkippen würde. vom stabilisierenden effekt sich drehender räder wussten die menschen nichts.  auf die IT übertragen konnten sich die programmierer womöglich nicht vorstellen, dass man eine öffentlich zugängliche ungeschützte datenbank unfälschbar hinbekommt - aber das ist nur eine vermutung.)


kann man eine blockchain als datenbank bezeichnen?  dann wäre "datenbank" also die technologie hinter bitcoin. und die bundesregierung hätte ihre "datenbankstrategie" veröffentlicht. immerhin wird im zusammenhang mit blockchain ja oft von der DLT distributed ledger technolgy gesprochen.


die bitcoin blockchain ist die transaktionshistorie des bitcoin protokolls. wenn wir die wörter ersetzen heißt das:
"transaktionshistorie" ist die technologie hinter bitcoin. und die bundesregierung hat ihre "transaktionshistorien strategie" veröffentlicht.
 
eine transaktionshistorie ist eben keine technologie sondern nur eine historie.

die bitcoin blockchain ist viel eher ein artefakt des bitcoin protokolls als eine eigenständige, übertragbare technologie.  sie muss als transaktionshistorie erstellt werden, damit das bitcoin protokoll etwas hat, wogegen neue transaktionen abgeglichen werden können.


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: 600watt on February 05, 2021, 09:45:18 AM
Quote
- Blockchains sind um viele Größenordnungen langsamer als bspw. zentralisierte Datenspeicher.
- Blockchains bieten keine substantiellen Redundanzvorteile gegenüber anderen verteilten Datenspeichern.
- Blockchains stellen eine weniger geeignete Serialisierung von Daten dar als hierarchische Systeme.
- Blockchains lassen sich als Merkle-Tree (üblicherweise*) nur bei vollständiger Kenntnis des Teilbaums abbilden.
Das bedeutet, dass der Einsatz von Blockchains enorme Nachteile mit sich bringt.

das sind gute technische begründungen. finde ich mehr als nur eine meinung.


Quote
Den Eindruck habe ich auch, und die Leute könnten kaum falscher liegen Roll Eyes
Blockchain ist eine Krücke, die sich Bitcoin unter die Arme packen musste, weil nichts besseres zur Verfügung stand (wie im post weiter oben beschrieben).

Die "wahre" Technologie hinter Bitcoin ist tatsächlich Proof of Work.
Grundsätzlich ist ein Bitcoin auch mit anderen Datenspeichern als einer Blockchain denkbar (ob das nun sinnvoll ist oder nicht).
Ein vollständig dezentraler Coin ohne Proof of Work aber ist nach heutigem Stand der Technik nicht denkbar.

Erst PoW brachte die Möglichkeit mit sich, einen Anreiz für die Teilnehmer im Netzwerk zu schaffen, das Netzwerk immer stärker abzusichern (Mining), und die Arbeit für das Verifizieren von Transaktionen zu leisten.
Und das in vollständig dezentraler Form, permissionless, wie man so schön sagt.

Auch historisch lässt sich diese Entwicklung gut belegen, von Adam Backs HashCash über Hal Finneys RPoW.
Dieses PoW kombinierte Satoshi mit der Erzeugung von Coins in Wei Dais B-Money, und fertig war Bitcoin.
Die Blockchain war dann lediglich noch der Datenspeicher.

genau, die bitcoin blockchain als datenspeicher. habe ich den link zur BLOCKCHAIN STRATEGIE DER BUNDESREGIERUNG schon gepostet?

https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Digitale-Welt/blockchain-strategie.pdf?__blob=publicationFile&v=22 (https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Digitale-Welt/blockchain-strategie.pdf?__blob=publicationFile&v=22)

das wäre in richtiges deutsch (ohne buzzword) übersetzt:

die datenspeicher strategie der bundesregierung.    :D

und somit völlig entzaubert.


Quote
Die Censorship Resistance ist ein Ergebnis der Block Reward.
Die Unfälschbarkeit resultiert aus dem Merkle-Tree, bzw. den darin gespeicherten Signaturen.
Die Nicht-Manipulierbarkeit gibt es (streng genommen) nicht, sondern lediglich eine scharfe Mitigation, die ihrerseits aus dem PoW resultiert.

Erstaunlicherweise ist also zu bemerken, dass die Blockchain als einzige eingesetzte Technologie keinen sonderlich wichtigen Beitrag zu Bitcoin leistet.


das sind sehr gute argumente gegen die nutzung dieses buzzwords. weil blockchain eben zwar technologische aspekte hat aber eben keine innovative, stand alone technologie ist.

im bitcoin whitepaper kommt blockchain doch garnicht vor, oder?

aluhut auf: es könnte sich bei dem Blockchain-not-bitcoin Narrativ um eine abwehrstrategie handeln. man koppelt einen unwichtigen nebenaspekt heraus und lobt diesen über der klee. man schreibt diesen aspekt "in die höhe" - popularisiert diesen (im wissen, dass dieser aspekt gar nichts zu leisten vermag) in der öffentlichen diskussion um dann, wenn sich nach ein paar jahren herausstellt, dass sich mit diesem aspekt (blockchain) nichts anfangen lässt, lautstark und medienwirksam das ganze projekt bitcoin öffentlich zu beerdigen.







Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: qwk on February 10, 2021, 04:27:55 PM
im bitcoin whitepaper kommt blockchain doch garnicht vor, oder?
Nein, Satoshi spricht an keiner Stelle von einer Blockchain, diesen Begriff hat er nach meinem Wissen* auch im Bitcoin Forum nie gebraucht.
Er spricht hingegen von der "Longest Proof-of-Work"-Chain, bzw. ist dies der Titel einer erläuternden Grafik im Whitepaper.
Ansonsten ist im wesentlichen nur von "chain", mit unterschiedlichen Adjektiven die Rede
- longest chain
- honest chain
etc. pp.

Besonders hervorzuheben ist sicher die Definition des Begriffs "Coin" als
Quote from: Satoshi Nakamoto
We define an electronic coin as a chain of digital signatures.
hier wird überdeutlich, dass die Chain selbst lediglich deskriptiv für das Konzept der Coin an sich als "Kette digitaler Signaturen" Gebrauch findet, und darüberhinaus keine eigenständige Bedeutung hat.

Es gibt also in Bitcoin in einer genaueren Betrachtungsweise nicht eine Chain, sondern tatsächlich derer zwei, nämlich:
- die Kette digitaler Signaturen zur Definition einer Coin
- die "longest proof-of-work" Kette zur Herstellung des Konsens im Netzwerk
diese überlagern sich selbstverständlich in der Transportschicht des Protokolls.

Bitcoin nutzt also, überspitzt formuliert, nicht eine Blockchain, sondern derer gleich zwei.

* und nach kurzer Überprüfung mit der Suchfunktion des Forums


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: qwk on February 10, 2021, 04:43:44 PM
ich glaube ottomotor zu automobil ist gerade keine passende analogie.[...]
ottomotoren kann man überall einbauen. ob rasenmäher oder mofa, ob wasserpumpe, generator, etc.
der ottomotor ist fortschrittliche technologie, genau die eierlegende wollmilchsau, die blockchain NICHT ist.
Okay, sehe ich ein.
Du hast das treffend erkannt, der Ottomotor ist sicherlich eine um Größenordnungen bahnbrechendere Entwicklung als die Blockchain.


auf ein automobil bezogen würde ich blockchain vielleicht gerade noch als equivalent zur karosserie durchgehen lassen. weil blockchain, wenn schon nicht nur ein buzzword, eine struktur darstellt.
Es ist wohl schwierig, einen guten Vergleich zu finden, für etwas, das so bedeutungslos wie "Blockchain" ist, aber einen so "bedeutungsgeladenen" Sprachgebrauch findet ::)


vielleicht würde es besser passen, wenn wir eine andere analogie betrachten: das fahrrad und dessen komplexe entwicklung lohnt sich vielleicht
Da ich vom Fahrrad noch weniger verstehe als vom Automobil, halte ich mich da mal vornehm zurück ;)


eine mögliche parallele existiert womöglich bereits darin, dass das fahrrad, genau wie bitcoin eine "unwahrscheinliche! oder "unerwartete" erfindung ist. das rad selbst wurde vor einigen 1000 jahren erfunden, weshalb hat es bis ins 19.jhdt gedauert, bis jemand auf die idee kam, zwei räder hintereinander zu platzieren? soooo fern liegt der gedanke nun auch nicht.
Gerade hier unterscheidet sich allerdings auch Bitcoin wiederum deutlich:
Digitale Signaturen, Peer-to-Peer-Netzwerke, Proof-of-Work waren seit Jahrzehnten bekannt und etabliert.
Informatiker in aller Welt wussten quasi "intuitiv", dass das in der Kombination irgendwie auch für Geld taugen müsste.
Nur hatte keiner den entscheidenen, zündenden Funken, wie man die Bausteine zusammensetzen könnte, damit es endlich wirklich funktioniert.
Deshalb sind u.a. auch Adam Back, Hal Finney, Nick Szabo und andere daran gescheitert, während wiederum andere wie David Chaum, bereit waren, im Zweifel den Kompromiss der Zentralisierung einzugehen.

Es musste einfach der richtige Neanderthaler Nakamoto daher kommen, der erkannte, wie man auf den offensichtlich nützlichen, weil scharfkantigen Feuerstein draufhaut, damit daraus ein Faustkeil wird.


die bitcoin blockchain ist viel eher ein artefakt des bitcoin protokolls als eine eigenständige, übertragbare technologie.
Blockchain als "Artefakt", das ist eine Sichtweise, der ich mich anschließen könnte.
Da muss ich aber noch drüber nachdenken.


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: 600watt on February 11, 2021, 07:36:38 AM
wieso ist eigentlich das buchgeld der banken (also das geld auf unserem konto) kein bearer asset, bitcoin aber schon? sind doch beides nur auf computern gespeicherte einträge.

man kann zwar der eigentümer von buchgeld auf den bankkonto sein, aber niemals der besitzer. die einträge auf dem bankserver können diesen nicht verlassen. ist ein geschlossenes system.


aber: bitcoin ist doch auch ein geschlossenes system. wir wissen, dass es ja eigentlich nur UTXO's gibt und keine eigentlichen Token, aber selbst wenn es Tokens gäbe, sie könnten das netwerk nie verlassen. und die UTXO's erst recht nicht.

trotzdem sagt man bitcoins seien ein bearer asset von dem man nicht nur der eigentümer sein kann, sondern auch der besitzer. wie geht das?

der trick liegt erstens in der verteilten, dezentralen natur des netzwerkes. es ist zwar ein geschlossenes system, aber ein verteiltes. nur dadurch, dass man die UTXO's nur bewegen kann, wenn man den kryptografisch passenden schlüssel besitzt, weil diese schlüssel nicht innerhalb des systems vorliegen, sondern ausserhalb/getrennt davon, hat man plötzlich ein system, das sich so verhält, als würde man die UTXO's physisch besitzen können.

meiner meinung nach trägt dieser eindruck der physischen besitzbarkeit der Tokens auf einer blockchain zu dem missverständnis bei, dass man tokens einer blockchain nutzen könnte um sie mit echten physischen objekten (supply chain!) zu feste zu verbinden. also zb mit eiern, damit es keinen betrug mit falsch deklarierten eiern mehr geben kann.

der denkfehler ist der, dass man die nicht-fälschbarbeit der bitcoin UTXO gedanklich an Token einer blockchain überträgt und dann auch annimmt, diese token wären irgendwie physisch vorhanden. dann hätte man plötzlich unfälschbare eier. das ist kompletter quark, aber das ist vermute ich, genau der fehler, den alle machen, die glauben, man könne mit dem einsatz eines geschlossenen token systems irgendwie betrug oder lüge bei real world supply chains verhindern.

dabei kann ja jeder eier produzent oder händler wenn er betrüger ist, trotzdem die öko eier einfach austauschen gegen batterie eier - wie kann eine datenbank denn dass verhindern?????




Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: 600watt on February 11, 2021, 07:57:00 AM

Es ist wohl schwierig, einen guten Vergleich zu finden, für etwas, das so bedeutungslos wie "Blockchain" ist, aber einen so "bedeutungsgeladenen" Sprachgebrauch findet ::)


die formulierung ist gut, darf ich die benutzen?  ;)

Quote
Digitale Signaturen, Peer-to-Peer-Netzwerke, Proof-of-Work waren seit Jahrzehnten bekannt und etabliert.
Informatiker in aller Welt wussten quasi "intuitiv", dass das in der Kombination irgendwie auch für Geld taugen müsste.
Nur hatte keiner den entscheidenen, zündenden Funken, wie man die Bausteine zusammensetzen könnte, damit es endlich wirklich funktioniert.


imho haben viele no-coiner den eindruck, bitcoin wären qualitativ sowas ähnliches wie airline miles oder payback punkte. das aber eine geschichte dahinter steckt, dass es motive gab von cypherpunks, die ein problem lösen wollten - das wissen wenige.


mir ist aufgefallen, dass dieser thread ja eigentlich alles andere als OFF-topic ist. aber wo im deutschsprachigen bereich passt das besser hin?


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: 600watt on February 12, 2021, 09:20:31 AM
schaut man sich diesen text an

Quote
Die Idee
Die ursprüngliche Idee der Blockchain wird im Bitcoin-White Paper beschrieben. Die hinter dem Pseudonym “Satoshi Nakamoto” steckende Person oder Gruppe beschreibt darin bestehende, gravierende Probleme im Umgang mit monetären Werten. Zentrale Institutionen, wie Banken, Versicherungen oder Regierungen, wird im Umgang mit monetären Werten ein Vertrauensmissbrauch vorgeworfen.

So nutzen Banken beispielsweise das ihnen anvertraute Geld, um damit selbst ineffiziente und kostenintensive Geschäfte zu betreiben. Ein denkbares Beispiel dafür ist die geplatzte Immobilienblase in den USA 2008, welche weltweite, negative Auswirkungen auf das globale Wirtschaftssystem hatte und dafür sorgte, dass tausende Menschen in existenzielle Nöte kamen. Um einem Vertrauensmissbrauch, und dem damit einhergehenden Datenmissbrauch, auf einer systemischen Ebene vorzubeugen, wurde diese neue Technologie entwickelt. Eine Veruntreuung von Geldern, Vertrauensmissbrauch oder schlichtweg Betrug wird durch diese neue Technologie erschwert.

dann gibt diese an den haaren herbeigezogene interpretation der motive satoshi nakamotos einen hinweis darauf, woher die grosse diskrepanz zwischen dem vermeintlich grossen potential der blockchain technologie und der nicht existenten realen umsetzung kommen könnte:
die blockchain apologeten projezieren ihre wünsche von einer besseren welt auf eine neue technologie. blockchain als projektionsfläche für alles, was besser laufen soll in wirtschaft, verwaltung, forschung, bankwesen, etc
eine "wünsch-dir-was" schlagerparade. nur leider existieren die schallplatten nur in den köpfen der apologeten. wünsche sind aus etwas ganz anderem gemacht als schellack.

https://blockchainwelt.de/blockchain-was-ist-das/ (https://blockchainwelt.de/blockchain-was-ist-das/)


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: 600watt on February 14, 2021, 10:20:19 AM
blockchain bullshit bingo in reinstform als catchy video produktion von der deutschen bahn. das db netz als sich selbst verwaltendes system. omg.

https://blockchain.deutschebahn.com/blockchain# (https://blockchain.deutschebahn.com/blockchain#)

 :D


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: simplecat on February 18, 2021, 04:49:19 PM
habe eine machbarkeitsstudie zum einsatz von Blockchain technologie im auftrag der bundesregierung gefunden.

kurzfassung:
https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Studien/blockchain-smart-meter-gateway-kurzfassung.pdf?__blob=publicationFile&v=4 (https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Studien/blockchain-smart-meter-gateway-kurzfassung.pdf?__blob=publicationFile&v=4)

allgemein:
https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Studien/blockchain-smart-meter-gateway.html (https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Studien/blockchain-smart-meter-gateway.html)


mir geht es vor allem um die kurzfassung.  ich kann den mehrwert oder den nutzen des einsatzes von blockchain hier nicht finden. das ist doch nur heisse luft, oder? das kann doch überhaupt garnicht funktionieren. die schlagen eine nicht-öffentliche blockchain vor. aber dann wäre der einsatz bestehender datenbanken (zb sql) viel sinnvoller, oder?


edit: die studie ist aus dem jahre 2019, habe ich aber erst heute entdeckt.

Die Studie ist ja sehr umfangreich erfasst und sehr wissenschaftlich gehalten. Hast du die vollständig durchgelesen?


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: qwk on February 18, 2021, 05:37:05 PM
https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Studien/blockchain-smart-meter-gateway.html (https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Studien/blockchain-smart-meter-gateway.html)
Die Studie ist ja sehr umfangreich erfasst und sehr wissenschaftlich gehalten. Hast du die vollständig durchgelesen?
Ich habe die Studie jedenfalls selbstverständlich nicht vollständig gelesen, sondern ausschließlich den Teil, in dem es um Blockchain geht.
Dieser ist mit ca. 6 Seiten weder besonders umfangreich, noch für einen "Kenner der Materie" besonders "wissenschaftlich gehalten".
Vielmehr erscheint er mir eher laienhaft.

Im Wesentlichen wird das Prinzip "Blockchain" grob skizziert, und (IMHO eher wenig überzeugend) begründet, warum man sich, insbesondere aus Performance-gründen, für eine "private Blockchain" entscheiden sollte, obgleich eingestanden wird, dass damit der Verlust der Kerneigenschaften einer Blockchain verloren geht!
Man könnte das auch übersetzen mit "klar, wir wissen, dass Blockchain privat überhaupt keinen Sinn ergibt, aber wir finden's halt coooooool". ::)


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: 600watt on February 22, 2021, 06:13:26 PM
IBM behauptet hier eine funktionierende blockchain Implementierung mit der Schiffscontainer Firma Maersk erschaffen zu haben:


https://www.ibm.com/downloads/cas/1ZVRWXPG (https://www.ibm.com/downloads/cas/1ZVRWXPG)

das sieht alles andere als übersichtlich aus, sie behaupten, sie würden Tradelens im alltag mit millionen von transaktionen nutzen.

kann das sein???


Quote
TradeLens – Überblick
Einführung
19-Mar-19

TRADELENS
Eine offene und neutrale, Blockchain-basierte Plattform, die die globale Lieferkette digitalisiert und den Handel verändert
⦿ Die Plattform ermöglicht einen schnelleren und effizienteren, transparenten und sicheren globalen Handel.
⦿ TradeLens wurde für die Industrie entwickelt und bietet den Handelsteilnehmern aus dem gesamten Lieferkettennetzwerk Vorteile.
⦿ IBM und Maersk entwickeln die Plattform im Rahmen einer gemeinsamen Zusammenarbeit mit maßgeblichen Beiträgen und Beteiligung der Industrie.
⦿ Es wurde ein Beirat gebildet, der die Plattform mitgestaltet und Standards weiterentwickelt.
⦿ TradeLens ist jetzt in Produktion und verarbeitet täglich Millionen von Transaktionen.






Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: 600watt on February 22, 2021, 06:31:12 PM


zu TradeLens:


Quote
“It is a pretty big stretch to go from ‘one example’ to ‘average,’” he wrote. “I understand the principle of how [blockchain] will speed transactions in theory, but in most cases, shipments are pre-cleared prior to arrival and departure. Meaning, prior to any availability of departure or delivery documents have already been submitted and confirmed. In practical application, if your shipment is already cleared five days prior to the first available date of delivery, how do [you] increase the speed from there? On the first day it is available, the documents have cleared. I am struggling to see how that transaction is made faster by any measure by blockchain.”

Quote
But does container shipping need blockchain?

James Stewart, a global account executive with Crane Worldwide Logistics and veteran of Geodis and CargoSmart, concurring, said shipment documentation is not what is slowing down supply chains.

“Blockchain in shipping has a lot of hype around it at the moment, and just because IBM and Maersk think it’s interesting doesn’t mean the market needs, nor can it afford, whatever solution they come up with,” he wrote. “The paperwork and payment are the last things slowing down cargo flows, but don’t tell that to the venture capital flooding the space.”

Aside from TradeLens, a consortium of APL, Accenture, Kuehne + Nagel, and AB InBev is working to create a container shipment documentation blockchain solution, while startups are also aiming to digitize the primarily paper- and email-based documents related to trade.

Glick intimated that while most blockchain vendors are overreaching in applying blockchain to processes where it’s not required, there is some value to the exposure the technology is receiving.

“I feel like most of the benefits don't ‘need’ blockchain, but it seems like an incredible motivator for companies to share data the way they should have been all along,” he wrote.


das, was ich markiert habe ist so ziemlich der einzige echte vorteil des Blockchain hypes: firmen sind motivierter ihre daten zu teilen und prozesse zu streamlinen und gemeinsame standards zu finden. die blockchain technologie selbst ist dabei nicht entscheidend oder notwendig.

Quote
Application programming interface’s importance and role

The thread also delved into how application programming interface (API) connectivity, not blockchain, is what is driving value in terms of linking trading partners, carriers, and logistics companies in a real-time manner.

“I have often said blockchain will work, and it is secure,” Nutting said. “Some of the characteristics being [ascribed] to blockchain technology are not actually part of the blockchain. For instance, when you talk about real-time visibility, a blockchain solution will do that, but not because of the blockchain but rather the API functionality tied to the blockchain. The blockchain is not the mechanism driving the real-time visibility, it is the benefactor of the API integration.”

Quote
“Blockchain in logistics seems to be more code for ‘hey, let's stop using a fax and courier for our docs’ than actual blockchain,” wrote Caro Krissman, chairman and founder of the freight forwarding software provider INLT. “The real answer here is APIs connecting all the niche and disparate players that make up the supply chain, or some type of [communication] uniformity.”

Quote
“I think the hype is starting to fade,” he wrote. “An interesting take in another conversation I was involved [in] focused around a lack of education/understanding. My position has been: I think people ‘get it’ but a fair number have said they are not interested. In everything I have seen, blockchain in supply chain will work to some extent. It will provide some ancillary benefits, but not to the full extent being reported, and not without adding some additional challenges. I believe the industry is quietly and politely saying they are not interested or at least not currently interested. Blockchain is the overly persistent salesperson.”

;)

https://www.joc.com/technology/skepticism-maersk-ibm’s-tradelens-hit-bigger-blockchain-questions_20180813.html (https://www.joc.com/technology/skepticism-maersk-ibm’s-tradelens-hit-bigger-blockchain-questions_20180813.html)


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: 600watt on February 28, 2021, 07:10:57 PM
diese website behauptet es gäbe hunderte firmen, die blockchain technologie benutzen:

605 Firmen würden weltweit R3 Corda nutzen
https://discovery.hgdata.com/product/corda (https://discovery.hgdata.com/product/corda)


und 2,784 Firmen weltweit würden hyperledger nutzen
https://discovery.hgdata.com/product/hyperledger (https://discovery.hgdata.com/product/hyperledger)


das macht mich jetzt einigermassen baff.

bei Corda ist immerhin umstritten, ob es überhaupt eine blockchain ist, denn die daten werden nicht in blöcken gespeichert (was ja anyway auch völlig egal ist) und: Unlike a blockchain that records every transaction on every server, with Corda you only record your own deals.

auf der liste ist eine firma aus münchen https://www.syncier.com/de (https://www.syncier.com/de)
auf deren website findet man weder unter produkte noch unter services etwas zum thema blockchain. ganz versteckt, wenn man ganz runter scrollt findet man was zum thema DLT.
werde die mal anschreiben, ob was sie von blockchain halten...

beim herumscrollen noch entdeckt:


https://blockchain.rbinternational.com/en/index.html (https://blockchain.rbinternational.com/en/index.html)

die RaiffeisenBank in Wien macht also auch dick einen auf blockchain. wow.


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: qwk on March 06, 2021, 12:50:41 PM
diese website behauptet es gäbe hunderte firmen, die blockchain technologie benutzen:

605 Firmen würden weltweit R3 Corda nutzen
https://discovery.hgdata.com/product/corda (https://discovery.hgdata.com/product/corda)

und 2,784 Firmen weltweit würden hyperledger nutzen
https://discovery.hgdata.com/product/hyperledger (https://discovery.hgdata.com/product/hyperledger)
In Bezug auf Hyperledger und Corda ist "Blockchain" jedenfalls in meinen Augen ein Misnomer.

Beiden fehlt eines der fundamentalsten Merkmale einer Blockchain im Sinne einer nützlichen Definition: ein eigenes, werthaltiges Token.
Bereits in meiner Anfangszeit 2011 galt es AFAIR als "Stand der Forschung", dass Blockchain ohne werthaltiges Token nutzlos ist.
In diesem Sinne würde ich Corda und Hyperledger von der Definition her als "Distributed Ledger" in Abgrenzung zu Blockchain einstufen.

Die Argumentation dafür ist (relativ) einfach:
Ohne Werthaltigkeit der Daten in einer Blockchain selbst, gibt es kein Eigeninteresse der Teilnehmer der Blockchain, diese zu sichern.
Damit hat eine finanziell gewichtete Sicherheit dieser Blockchain stets den Wert 0.
Im Gegensatz dazu hat bspw. die Bitcoin-Blockchain einen "finanziellen Sicherheitswert" von X, wobei X in allererster Näherung irgendwo in der Höhe der Marketcap liegt.
Anders gesagt: die Teilnehmer von Bitcoin haben in Summe ein finanzielles Eigeninteresse in Höhe von rund einer Billion USD, dass die Bitcoin-Blockchain nicht kompromittiert wird.
Die Teilnehmer von Corda oder Hyperledger aber haben jeder für sich stets nur ein Eigeninteresse, welches sich am finanziellen Wert ihrer im entsprechenden Distributed Ledger gespeicherten Daten bemisst.

Da für mich als Außenstehenden unbekannt ist, welchen finanziellen Wert die anderen Teilnehmer ihren jeweiligen Daten beimessen, kann ich somit auch nicht erkennen, "in welcher Höhe" ich das gesamte Netzwerk als "sicher" betrachten kann, und muss schlimmstenfalls davon ausgehen, dass alle anderen Teilnehmer möglicherweise ihre eigenen Daten als wertlos, und damit auch die Sicherheit des Distributed Ledger als wertlos ansehen.

Damit habe ich als Teilnehmer aber eine ungünstige Ausgangslage für die Abschätzung meiner eigenen Sicherheit bei der Nutzung eines solchen Distributed Ledger: die Sicherheit hat den Wert 0.

Die klassische Formel für die Bewertung der Sicherheit von Systemen an sich (und das bezieht sich nicht ausschließlich auf IT-Systeme) lautet sinngemäß:
Ein System kann dann als sicher gelten, wenn der Aufwand zum Brechen der Sicherheit höher als der potentielle Nutzen ist.
Damit gilt nach gängiger Risikobewertung ein System auf der Basis eines Distributed Ledger als maximal unsicher.

Natürlich kann ich als Teilnehmer "Annahmen" treffen, dass bspw. die anderen Teilnehmer schon irgendwie ihren eigenen Daten einen Wert von ein paar Milliarden beimessen oder dergleichen, aber damit bin ich im Bereich der Mutmaßung, oder, böse gesagt: des Glaubens.


Überspitzt gesagt:
- Sicherheit von Bitcoin: 1 Billion USD
- Sicherheit von Hyperledger und Corda: 0 USD

Und das ist Stand der Forschung seit mindestens 2011, ohne dass mir jemals auch nur zu Ohren gekommen wäre, dass das irgendein relevanter Experte anders sähe.


Die Frage, ob ein System, welches als unsicher zu gelten hat, wiederum in einem anderen Sinne "nützlich" sein kann, ist damit übrigens nicht beantwortet. Grundsätzlich gibt es maximal unsichere Systeme, die eindeutig nützlich sind, man denke bspw. an den Rundfunk.


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: d5000 on March 19, 2021, 12:58:20 PM
Fand diese Diskussion sehr interessant. Ich wollte noch folgenden Aspekt einbringen:

Könnten Blockchains für bestimmte Use Cases eine vergleichsweise billige, und trotzdem halbwegs sichere Technologie darstellen?

Beispiel: Ich will als kleines Unternehmen einen vollständig zentralisierten Utility Token erstellen, mit dem man meine Dienstleistungen bezahlen kann.

Ich könnte jetzt natürlich eine traditionell-hierarchische Datenbank-Infrastruktur auf eigenen oder gemieteten Servern dafür aufbauen. Allerdings könnte diese für mich relativ teuer ausfallen, wenn sie sicher gegen Hackerangriffe sein soll.

Stattdessen nehme ich Blockchain X und baue meinen Token dort ein. Wenn ich nicht unbedingt BTC oder ETH nehmen muss, sind die Transaktionsgebühren auch meist minimal. Oder ich starte sogar eine eigene Chain und generiere etwas Hype.

Der Vorteil: Ich "schmarotze" die Sicherheit von den Betreibern der Blockchain, also den Minern, die wiederum auf Profit hoffen, anstatt dass ich selbst für die Sicherheit sorgen muss.

Ich könnte mir vorstellen, dass viele Tokens aus solchen Überlegungen auf Blockchains und nicht in traditionellen hierarchischen Datenbank-Zahlungssystemen (etwa wie Flugmeilen) herausgegeben werden.


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: qwk on March 19, 2021, 01:45:40 PM
Könnten Blockchains für bestimmte Use Cases eine vergleichsweise billige, und trotzdem halbwegs sichere Technologie darstellen?
Könnten ja, mit großem Konjunktiv.
Mir ist nach zehn Jahren "Forschung" kein Use Case bekannt.

Beispiel: Ich will als kleines Unternehmen einen vollständig zentralisierten Utility Token erstellen, mit dem man meine Dienstleistungen bezahlen kann.

Ich könnte jetzt natürlich eine traditionell-hierarchische Datenbank-Infrastruktur auf eigenen oder gemieteten Servern dafür aufbauen. Allerdings könnte diese für mich relativ teuer ausfallen, wenn sie sicher gegen Hackerangriffe sein soll.

Stattdessen nehme ich Blockchain X und baue meinen Token dort ein.
Stichwort: Compliance / Regulierung.
Du befindest dich damit juristisch im Bereich der Finanzdienstleistungen oder nahe dran.
Technisch mag da die Blockchain ein paar Tausend oder Zehntausend Euro sparen, aber das bringt dir natürlich nix, wenn du eine Rechtsabteilung für 100.000e Euro im Jahr beschäftigen musst, und einen Vorstand aus mindestens drei "Senior Executives in Banking" vorweisen musst, die sich das entsprechend vergüten lassen.

Es gibt im Bereich der "Gutscheine" ganz generell die Unterscheidung zwischen "Closed Loop" und "Open Loop", wobei erstere direkte Gutscheine sind, die nur bei einem einzelnen (oder wenigen, in direktem Zusammenhang stehenden) Dienstleister eingetauscht werden können (bspw. Amazon-Gutscheine), und letztere eine breitere Akzeptanz haben, wie bspw. Kreditkarten.
Das Problem ist jetzt, dass es einen "Graubereich" gibt, in dem sich "Miles and More" oder "Payback" tummeln, und irgendwie auch "Sanifair".
Bei denen ist immer nicht so ganz klar, unter was sie denn eingestuft werden sollen.

Bei Closed Loop sind die Compliance-Anforderungen minimal, da könnte dann eventuell die technische Ersparnis interessant werden.
Bei Open Loop ist es uninteressant, weil man sich als "Finanzdienstleister" enorme Kosten ins Haus holt.
Im Graubereich muss man halt vorsichtig sein, und hat zumindest mal sicherlich eine gute Rechtsabteilung.

Die Frage ist jetzt, ob ein "Token" auf einer Blockchain irgendwie in den Graubereich fallen könnte, dann wäre die technische Ersparnis sicherlich irrelevant.
Und das ist wahrscheinlich auch dann der Fall, wenn diese Tokens "üblicherweise" direkt gehandelt werden.
Wenn also ein Richter zu dem Ergebnis kommen würde, dass du hier Tokens verkaufst, die von den meisten Usern auch mit dem Hintergedanken erworben werden, diese zu traden, befindest du dich mindestens im Graubereich.
Ich würde sagen, dass das für alle mir bekannten Use Cases zutrifft.

Wenn du natürlich wirklich einen ganz eigenen Token emittierst, der nicht handelbar ist, bei dem du also bspw. eine Weitergabe erschwerst oder ähnliches, bist du wieder "safe". Aber dann hast du zusätzlichen Aufwand, um das zu unterbinden.

Ich sehe da einfach, ganz ehrlich, keinen guten, direkten Weg hin.
Und die minimale Ersparnis bei den technischen Kosten steht IMHO in keinem Verhältnis zu den potentiellen Kosten der Compliance.

Ausschließen im Sinne eines "ist nicht möglich" möchte ich es aber nicht.
Ich könnte (der angesprochene große Konjunktiv) mir vorstellen, dass es vereinzelt "Payback" oder dergleichen auf Blockchain geben kann, und dass das dann durchaus ein zumindest nicht unbedingt total widersinniger Gebrauch der Blockchain ist.
Für den von dir genannten Fall eines kleinen Unternehmens, dass sich Kosten für technische Infrastruktur bei Gutscheinen sparen möchte, sehe ich da ehrlich, unter keinen Umständen einen Vorteil gegenüber einer simplen, zentralen Datenbank. Auch der Sicherheitsaspekt dürfte da keine echte Rolle spielen.


Schlusswort: die Idee, es wäre für ein Unternehmen irgendwie sinnvoll, quasi "eigenes Geld" für die eigenen Dienstleistungen zu verwenden, ist IMHO empirisch über mehrere Tausend Jahre widerlegt.
Universell nutzbares Geld hat sich auch deshalb durchgesetzt, weil der Verbraucher dieses immer als nützlicher ansieht als bloße Gutscheine.
Entsprechend gibt es auch heute kein großes Unternehmen, das tatsächlich eigene Dienstleistungen oder Waren mit eigenem Geld bezahlen lässt.*
Gutscheine, so sie angeboten werden, sind ein Marketinginstrument, und ggf. auch ein Instrument, um Umsätze vorwegzunehmen, mehr nicht.

* Amazon Coins, WoW-Gold, etc. haben eigene, sinnvolle Anwendungen für so etwas wie "Micropayments", insofern sehe ich das nicht als Widerspruch an


Title: Re: blockchain machbarkeits studie
Post by: d5000 on March 19, 2021, 02:47:23 PM
Was ich meinte, ginge auf jeden Fall Richtung "Closed Loop", und auch gemeint war es als

Instrument, um Umsätze vorwegzunehmen

Das scheint mir für kleine Unternehmen durchaus attraktiv. Es könnte per Token bestimmte eigene Produkte zu einem ermäßigten Preis vorverkaufen, um Ausgaben zu finanzieren. Es wäre also quasi Crowdfunding. Man würde sich die Gebühren von Kickstarter und Co. sparen, dazu käme der "Blockchain-Coolness-Bonus". Wäre das ganze eine Open-Source-Lösung, und mehrere Unternehmen könnten wie bei Kickstarter auf eine einheitliche Oberfläche zurückgreifen, könnte das auch zu mehr Aufmerksamkeit (und Erfolg) führen als bei einer Lösung, bei der alles auf der Unternehmenswebsite abläuft.

Die Weitergabe zu unterbinden geht mit einigen Token-Protokollen durchaus, z.B. mit der einfachen Python-Lösung PeerAssets. Du könntest zwar theoretisch einen Private Key weitergeben, aber praktisch sollte dieser Fall keine Relevanz haben, da dann Vertrauen vorhanden sein muss. Das wäre wie bei Amazongutscheinen, die einige eben doch weiterverkaufen, obwohl sie "closed loop" sind.

Also ich halte das wie gesagt für einen nicht ganz unattraktiven Use Case.

Weiterhin fällt mir z.B. noch OpenTimestamps (also generell "der Beweis, das ein Dokument zu einem bestimmten Zeitpunkt erstellt wurde") als Blockchain-Use Case ein, über das ich vor kurzem gestolpert bin. Das geht natürlich mit dem guten alten Bitcoin auch.