spoekenkieker (OP)
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June 05, 2011, 11:40:59 AM |
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Das Böse ist des Menschen beste Kraft Friedrich Nietzsche
Der Webblogger Jason Calacanis hält Bitcoin für das gefährlichste Open Source Projekt aller Zeiten. Und damit dürfte er wohl so ziemlich richtig liegen.
Was geht da vor sich? Warum reagieren die Etablierten dieser Welt so hysterisch?
Dazu muss man sich zuerst einmal das oder die Währungssysteme anschauen. Sowohl der Dollar als auch der Euro sind FIAT-Währungen. FIAT (lat. Es werde) oder auch ‚Geld aus dem Nichts‘. Es ist ein vom Staat verordnetes Papiergeld, dass eine Regierung als gesetzliches Zahlungsmittel ausgibt, obwohl es nicht durch ein hinterlegtes Pfand wie bei einer gebundenen Währung (Golddeckung) gesichert ist. Sein Wert wird per Regierungsdekret festgelegt. Es kann in beliebiger Höhe durch Anwerfen der Notenpresse erzeugt werden. Es besteht seitens des Erzeugers (Emittenten, z.B. die Zentralbank des jeweiligen Landes) keine Einlösungsverpflichtung. So kann ein Land zur Bezahlung seiner Schulden die Notenpresse anwerfen, was augenblicklich die USA tun. Natürlich sehen das die anderen internationalen Marktteilnehmer, wodurch durch solch eine Handlungsweise der Wert der Währung sinkt. Sehr schön derzeitig am Dollar zu sehen. Eine FIAT-Währung ist also der Wert, wie sie von den Marktteilnehmern gesehen und eingeschätzt wird. Allerdings konnten die USA in der Vergangenheit gemeinsam mit ihren westlichen Vasallen den Dollar manipulieren und durch einen höheren Kurs als wohlwollende Hegemonialmacht, wie sie es selber euphemistisch umschrieben, andere Volkswirtschaften ausplündern.
Auch der Euro ist, wie schon vorab gesagt, eine FIAT-Währung. Zur Richtigstellung: Es gibt keine Eurokrise, sondern eine Schuldenkrise einiger Länder innerhalb des Euroverbundes. Das ist schon ein feiner kleiner Unterschied. Der Euro wird ziemlich korrekt zu seinem inneren Wert weltweit eingeschätzt. Wie der innere Wert einer Währung an seinem tatsächlichen Wert eingeschätzt wird, ist sehr schön am Schweizer Franken zu sehen. Der steigt und steigt und steigt. Langsam aber sicher löst der Euro den Dollar als Weltleitwährung ab. Wobei sich die Angsthasen in Brüssel vor drei Jahren bei der Finanzkrise nicht getraut haben, den Euro als Weltleitwährung zu etablieren.
Was ist nun Bitcoin, auch BTC genannt, für eine Währung? Sicherlich keine FIAT-Währung und auch keine gebundene Währung. Man kann sie nur beschreiben, indem man zuvor ihre Eigenarten und Besonderheiten beschreibt und wodurch sie sich von andern Währungen unterscheidet. Um sie zu begreifen ist ein abstraktes Denken Voraussetzung. Ein Bitcoin kann man nicht anfassen und auch nicht in der Geldbörse umhertragen. Es ist ein virtuelles Geld, das nur im Internet besteht. Ein Bitcoin ist ein Konstrukt, das aus zwei auf einem Computer errechneten Hashwerten besteht. Die benötigte Rechenleistung ist enorm. Ein normales Notebook würde zur Generierung eines Bitcoins fünf Jahre benötigen. Man benötigt spezielle Rechner mit großer Rechenleistung, die außer einem Mehrkernprozessor mehrere ganz spezielle Grafikkarten haben. Gerechnet wird mit der GPU (Grafik-Processor-Unit), das ist der Prozessor der Grafikkarte. Als Betriebssystem fungiert Linux, das Programm soll aber auch unter Windows 7 laufen. Diese Monsterkisten benötigen eine Unmenge Strom, die Generierung eines Bitcoins benötigt ca. 10 – 20 % seines Wertes an Energie. Sie sind, bedingt durch die verbauten Grafikkarten sehr laut, weshalb sie meistens in Garagen, Balkonen oder Kellern laufen. Leute, die diese Monsterkisten betreiben und damit Bitcoins generieren nennt man Miners.
Der Erfinder des Bitcoins, der Japaner Satoshi Nakamoto (ein Pseudonym) hat den Quellcode des Programms ab Beginn als Open Source zur Verfügung gestellt. Es ist ein dezentrales, ein Peer to Peer Netzwerk. Eine zentrale Verwaltung gibt es nicht. Jeder, der Bitcoins generiert, kauft oder verkauft ist ein Teil dieses Netzes. Er erhält ein ‚ewiges Logfile‘ in dem ein alle Teil-Hashwerte der Bitcoins stehen. Den zweiten Teil-Hashwert des Bitcoins hat der jeweilige Besitzer auf seinem Rechner. Zu diesem Schlüssel bekommt er eine feste Adresse im ewigen Logfile. Also, beide Schlüssel zusammen sowie die Adresse ergeben ein Bitcoin. Besitzt jemand Bitcoins, so besitzt er beide Teil-Hashwerte des Bitcoins sowie die Adresse. Bezahlt jemand mit Bitcoins, so übergibt er den zweiten Hashwert des Bitcoins an den neuen Besitzer. Dieser nimmt den Hashwert in Empfang und erhält hierfür eine neue Adresse. Der Besitzer eines solchen Bitcoins kann die Adresse jederzeit ändern. Alle Transaktionen werden in das ewige Logfile geschrieben und an jeden Teilnehmer des Netzes weiter gegeben. Dies geschieht in völliger Anonymität. Es ist unmöglich, in diese Anonymität einzudringen. Die Hashwerte werden durch die vom ‚U.S. National Institute of Standards and Technology‘ als sicher geltende kryptographische Hashfunktion SHA-256 kryptographiert. Experten sind der Ansicht, dass dieses SHA-256 Kryptografie-Verfahren selbst mit Hilfe größter Rechenpower nicht zu entschlüsseln ist.
Diese absolute Anonymität prädestiniert die Bitcoinwährung automatisch für gewisse Transaktionen, wie Terrorismus-Finanzierung, Waffenhandel, Menschenhandel, Drogenhandel, Handel mit Blutdiamanten, verbotenes Glücksspiel, um nur einige zu nennen, die sich in völliger Anonymität abwickeln lassen. Die umständliche Geldwäscherei entfällt. Die Klientel, die sich für die neue Währung Bitcoins geradezu anbietet ist demnach die Creme de la Creme der Unterwelt wie Drogenhändler, Menschenhändler, Waffenschieber, um nur einige zu nennen; und natürlich Terroristen aller Couleur als auch einige, die das System nicht ganz begriffen haben und gerne mit Bitcoins auf Ebay bezahlen möchten. Natürlich werden die internationalen Finanzspekulanten auch mit dabei sein. Ist eine normale Währung erst einmal in Bitcoins getauscht, so werden diese niemals wieder durch Rücktausch in den normalen Währungskreislauf zurückkehren. Es wird sich ein subsidiäres Wirtschaftssystem entwickeln, dessen Potential gigantisch sein wird. Die schwachen Volkswirtschaften der Welt mit ihren schwachen Währungen werden die ersten Opfer sein. Aber auch die USA werden nicht verschont werden. Der Euro wird sich behaupten, allerdings wird es nicht mehr der Euro sein, den wir kennen. Rekapitulieren wir noch einmal: Eine FIAT-Währung ist der Wert, wie sie von den Marktteilnehmern gesehen und eingeschätzt wird. Gleiches gilt für die Bitcoin-Währung. Während bei einer normalen FIAT-Währung die Summe der Wirtschaftsfaktoren, also sowohl Erträge als auch Aufwendungen, gewichtet werden, so wird die Bitcoin-Währung eine Gewichtung des subsidiären Wirtschaftssystems sein, welches sich beispielsweise nicht um soziale Leistungen, Bereithaltung und Unterhalt von Infrastruktur etc. kümmern muss. Der Wert der Bitcoin-Währung wird einzig und alleine aus ihrem inneren Wert selbst, oder besser, wie es Nietzsche sagte, aus „Das Böse ist des Menschen beste Kraft“ bestehen. Die Produktion der Bitcoins ist nach dem Willen ihres Schöpfers Satoshi Nakamoto endlich. Bei 21 Millionen Bitcoins ist Schluss. Derzeitig, Stand Anfang 06/11, sind 6,4 Millionen Bitcoins generiert. Bis zum Endstand wird es noch einige Jahre dauern. Das hängt damit zusammen, dass, je mehr Bitcoins erzeugt werden, die Generierung umso länger dauert. Allerdings sind die Bitcoins bis zur achten Stelle hinter dem Komma teilbar. Je mehr und höher die Nachfrage, um so öfter werden die Bitcoins geteilt. Nehmen wir den Stand per Anfang 06/11 mit 6,4 Millionen Bitcoins so ergibt sich in der Theorie rechnerisch die Anzahl folgender Bitcoin-Teile: 6.400.000 * 100.000.000 = 640.000.000.000.000, das sind 640 Billionen Bitcoin-Teile! Das heißt, übersteigt die Nachfrage nach Bitcoins die Anzahl der vorhandenen und in der Generierung befindlichen Bitcoins, so wird der Wert der Bitcoins bedingt durch die Teilung steigen. Das ein Bitcoin in nicht allzu ferner Zukunft einmal 1.000 Euro kosten könnte, ist durchaus realistisch.
Es gibt Tauschbörsen wie GT Gox im Internet, wo man ganz unbehelligt Bitcoins kaufen und verkaufen kann. Setzt ein Hype ein und die Bitcoin-Währung wird zur Gefahr für etablierte Systeme, wird damit gerechnet, dass sie verboten wird. Ein solches Verbot würde den Hype aber nur noch mehr anheizen. So einfach par ordre du Mufti kann man das Peer to Peer Netz nicht abschalten. Es ist nicht angreifbar. Es gäbe zwei Ansätze, wie man bei Verboten wohl vorgehen könnte. Einmal beim Ankauf. Geldinstitute würden angewiesen, Überweisungen an Tauschbörsen wie GT Gox zu melden. Das wäre jedoch noch einfach durch Benutzung von Prepaid Zahlungsarten wie Ukash (die Geldwäsche des kleinen Mannes) oder Liberty Reserve bzw. ähnlicher Systeme zu umgehen. Im arabischen Raum boomt das CashU Prepaid System, welches dort völlig anonym ist und unbegrenzt aufgeladen werden kann - ein äußerst angenehmes Zahlungsmittel für Terroristen. Sicherlich würden auch die Tauschbörsen Strategien entwickeln, wie beispielsweise das Ausweichen auf Offshore-Banken in Ländern, die dies fördern. Dieses Verbot oder diese Einschränkung ließen sich also noch umgehen. Der zweite Ansatzpunkt ist gravierender. Provider könnten gezwungen werden, den Zugang zum Peer to Peer Netzwerk zu unterbinden. Die geeigneten Werkzeuge sind vorhanden. US-Firmen, die sich auf die Herstellung solcher Werkzeuge spezialisiert haben, haben diese fleißig an totalitäre Staaten wie China verkauft und damit beste Geschäfte gemacht. Allerdings hat die Verschlüsselung bei BitTorrent gezeigt, dass auch eine solche Maßnahme umgehbar wäre.
Bleibt die Frage nach der Ethik. Bitcoins, sowohl als Zahlungsmittel als auch als Währung sind weder gut noch böse. Der oft benutzte Vergleich mit dem Küchenmesser mag hier noch einmal dafür herhalten. Mit dem Küchenmesser kann man Kartoffeln schälen, man kann aber auch jemand damit umbringen. Ist deshalb das Küchenmesser gut oder schlecht? Genauso verhält es sich mit den Bitcoins. Niemand muss sie benutzen, aber viele werden es tun. Aus welchen Motiven auch immer. Wurde etwas vergessen?
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