Auf das Thema ICO bin ich eigentlich nur gekommen, weil ich den Sinn der zahlreichen alternativen Coins nicht nachvollziehen kann. Für mich ist Bitcoin eine perfekte Bezahlmethode.
Durch den Preisanstieg des Bitcoins und dem damit verbundenen Anstieg der Bitcoin-Transaktionsgebühren sind viele Geschäftsmodelle aktuell nicht möglich.
Doch ich gehe mal davon aus, dass durch SegWit, Lightning und Batch-Payment die Transaktionsgebühren rapide nach unten gehen werden und bei Bitcoin die Ursprungsidee der Bezahlmethode sich wieder durchsetzen wird.
Welchen Sinn machen dann die Altcoins? Ich meine jetzt nicht die Top20 bei Coinmarketcap, sondern eher Platz 1.000 und darunter. Für was sollen diese Coins eingesetzt und verwendet werden?
Bei der Suche nach einer Antwort bin ich auf den ICO-Hype gestossen. Neue Coins werden propagiert und sollen irgendwann bei Coinmarketcap gelistet und auf einer der zahlreichen Börsen gehandelt werden.
Wenn ich den ICO-Ablauf richtig verstanden habe, dann geht das wie folgt:
Ich denke mir eine ganz tolle Geschäftsidee aus. Ein Internetprojekt bei dem ich was ganz tolles kaufen (Shop) oder spielen (Entertainment) kann.
Bei dieser Geschäftsidee kann man nur mit dem ZZZ-Coin bezahlen. Den Mehrwert für den User, dort ausschließlich mit dem ZZZ-Coin bezahlen zu können, verstehe ich leider noch nicht. Das wäre eigentlich so, als würde jeder Internetladen oder im stationären Einzelhandel jeder seine eigene Währung oder Bezahlmethode einfügen. Den Rewe-Coin, den Amazon-Coin usw.
Ich habe also diese tolle Geschäftsidee. Schreibe schnell ein Whitepaper und suche mir ein namhaftes Advisory Board. Deren Bekanntheit und Seriosität sollen als vertrauensbildende Maßnahme auf meine ZZZ-Geschäftsmodell abstrahlen.
Als Entlohnung dafür, dass die sich zur Verfügung stellen, dürfen die in der Pre-ICO-Phase einsteigen und bekommen als Entlohnung ZZZ-Coins. Quasi ein Family & Friend Programm.
Dann baue ich eine tolle Webseite und biete die Bezahlmethode Bitcoin für den Erwerb der ZZZ-Token an. Ich schmeiße die Marketingmaschine an und schalte ganz viel Werbung auf den Kryptowährung-Seiten und mache die Geschäftsidee bekannt bzw. animiere die Nutzer zur Teilnahme des Token-Kaufs.
Die Bitcoin, die ich aus dem Token-Verkauf Vorne einnehme, kann ich Hinten gleich wieder für Werbung ausgeben. Was wiederum dazu führt, dass mehr Vorne reinkommt usw.
Die Zeit für den ICO ist limitiert und die Uhr zählt erbarmungslos runter, um zu zeigen, dass man sich schnell entscheiden sollte, da die Chance gleich vorbei ist. Die Methode ist bekannt aus den Verkaufsshows beim Teleshopping.
Wenn dann der ICO vorbei ist, haben die Anbieter erst einmal ganz viel Zeit, um das Geschäftsmodell umzusetzen. Wobei das Umsetzen des eigentlichen Geschäftsmodells ja sekundär ist. Jetzt gilt es den Token in einen Coin umzutauschen und den Coin an die Krypto-Exchange zu bringen.
Der Coin muss an einer der renommierten Kryptobörsen gehandelt werden. Dann wird man auch bei Coinmarketcap gelistet und dann hat man es eigentlich geschafft.
Die zahlreichen Besitzer der ZZZ-Coins aus meinem ICO werden jetzt zu kostenlosen Supportern der Coins und schreiben wie wild ganz tolle Empfehlungen bei Bitcointalk und anderen Foren, um die Nachfrage an der Börsen anzuheizen.
Das ursprüngliche Geschäftsmodell spielt keine Rolle mehr und die Coins werden zu Shitcoins und Pennystocks und irgendwann in der Bedeutungslosigkeit der Kryptoökonomie verschwinden. Denn es gibt ja Neue und noch Bessere Token-Sales und da sollte man auf jeden Fall einsteigen und das Spiel beginnt von vorne.
Interessanterweise wirkt diese ICO-Hype sich auch auf den Verlauf des Bitcoin-Kurses aus. Am Anfang werden Bitcoins gegen Euro gekauft. Somit lernen die Einsteiger das Thema Wallet und Bitcoin kennen und nutzen. Die Nachfrage nach den Bitcoins führt zu einem Kursanstieg, wie ab November 2017.
Mit den getauschten Bitcoins werden dann die ZZZ-Token gekauft. Die ICO-Firmen haben jetzt ganz viel Bitcoin eingenommen und wollen die jetzt wieder in Euro & USD zurückwechseln. Das Angebot von Bitcoin steigt und die Nachfrage nach ICO nimmt ab, entsprechend sinkt der Bitcoin-Kurs, wie im Februar 2018.
Irgendwie erinnert mich die ganze Geschichte an den Neuen Markt (
https://de.wikipedia.org/wiki/Neuer_Markt).
Für die Jüngeren unter Euch, das war zu den Anfängen des Internet (1997-2000), als zahlreiche Internetfirmen ein IPO, sprich Börsengang, unternommen haben. Vergleichbar mit dem heutigen ICO und dem Listing an eine Exchange-Börse.
Es waren leider zu viele Firmen ohne eine wirkliche Geschäftsgrundlage dabei. Deren eigentliche Geschäftsgrundlage bestand darin, mit tollen Storys die Aktionäre bei Laune zu halten und den Anstieg der Aktienkurse zu forcieren.
Trotz Platzen der Dotcom-Blase und der Insolvenz zahlreicher Internetfirmen wurde das Internet eine Erfolgsgeschichte. Auf dem Trümmerfeld entstanden neue Geschäftsmodelle und Firmen und heute kann man sich ein Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen.
Auch bei den meisten ICO existiert keine wirkliche Geschäftsgrundlage und das einzige Ziel ist das Listing an einer Exchange-Börse. Wenn man die Parallelen aus dem Internet-Hype mit dem Krypto-Hype von heute vergleicht, wie könnte es dann weiter gehen?
Die ICO-Firmen werden ein Problem bekommen, um die eingenommenen Bitcoins zurück in Euro oder USD zu wechseln und auf ein Bankkonto auszuzahlen. Die Börsen und Banken werden strengen nach der Herkunft des Geldes nachfragen. Die Finanz-und Aufsichtsbehörden werden die Zuständigkeit für ICO für sich beanspruchen. Politiker werden das Thema auf die Tagesordnung setzen und beim G20-Treffen will man darüber reden.
Das aus dem ICO eingenommene Geld wird langsam knapp, da zahlreiche ICO Beteiligte bezahlt werden wollen. Projekte werden aus Geldmangel oder durch regulatorischen Vorgaben (BaFin) nicht umgesetzt werden können. Die Investoren werden ihrem Geld hinterher heulen und die Mitglieder des Advisory-Boards werden sich Fragen lassen müssen, ob man eine Mitverantwortung trägt.
Für Spekulanten gilt die gleiche Regel wie bei jedem MLM. Die Ersten werden gewinnen und die Letzten tragen den Schaden.
Doch es wird auch sein Gutes haben. Auf dem ISO-Trümmerfeld werden sich auch neue Geschäftsmodelle entwickeln, die funktionieren, weil sie einfach gut und überzeugend sind. Weil sie einen tatsächlichen Mehrwert liefern.
Denn es gibt auch Kryptowährungen mit einem Mehrwert und nicht nur den Mehrwert eines vermeintlichen Kursanstiegs. Die Shitcoins werden verschwinden und welche Kryptocoins sich durchsetzen, wird die Zukunft zeigen.