Der Bundesverband Bitcoin hat allerdings schon vor ein paar Jahren argumentiert, dass es schon vom Prinzip her unsinnig ist, im Falle von Bitcoin von Rechnungseinheiten zu sprechen:
Also scheint der Bundesverband Bitcoin keine Hoffnung zu haben, das Bitcoin zumindest in absehbarer Zeit so was Ähnliches wie eine Währung sein könnte, also darin Preise ausgedrückt werden. Das ist irgendwie ... schade.
In absehbarer Zeit ist natürlich ein dehnbarer Begriff.
Als "Währung" kann man Bitcoin im Übrigen durchaus bezeichnen, nur als "Rechnungseinheit" taugt er eben nicht.
"Währung" ist allerdings grundsätzlich ein ungeeigneter Begriff, weil es hier um eine Rechtsfrage geht, in der der Begriff "Währung" nicht existiert.
Um ein wenig weiter auszuholen, es geht hier um die aufsichtsrechtliche Einschätzung von Bitcoin, also um die Frage, wie Bitcoin im Rahmen eines spezifischen Teils der Gesetzgebung zu definieren ist.
Die kurze Antwort hierzu ist:
Bitcoin ist etwas Neues, das bisher im Gesetz nicht definiert ist.Die lange Antwort:
Ein Gesetz wie das KWG ist logisch sehr gut strukturiert aufgebaut.
Du schaust dir ein "Ding" an und überprüfst Schritt für Schritt, ob die Definitionen des KWG auf dieses "Ding" zutreffen.
Wenn eine Definition auf dieses "Ding" zutrifft, dann
ist dieses "Ding" das entsprechend definierte Finanzmarktinstrument im Sinne des KWG.
Eine (unvollständige und oberflächliche) Liste der Definitionen des KWG wäre z.B.:
Bargeld (Sorten), also Münzen und Scheine
Devisen, also Fremdwährungsguthaben auf Konten
E-Geld, also elektronische Einheiten, die von einer Zentrale ausgegeben werden, mit dem Versprechen, sie jederzeit 1:1 z.B. gegen Euro zu tauschen.
Rechnungseinheiten (*)
Erklärung für Programmierer, das KWG verhält sich wie ein "switch"-statement (ohne "default"):
switch ($ding) {
case "typisches Bargeld" { return "Sorte" }
case "Guthaben auf Konto" { return "Devise" }
...
} Wenn man sich die Definitionen dann im Detail ansieht, stellt man fest, dass keine der Definitionen vollständig auf Bitcoin passt.
Anders als viele andere Gesetze gibt es keinen "Auffangparagraphen", der regelt, dass alles, was nicht in die anderen Definitionen passt, eben so und so definiert ist (das wäre auch Unsinn, schließlich geht es ja um die Frage, was eigentlich der Aufsicht unterliegt. Gäbe es einen Auffangparagraphen, würde alles der Aufsicht unterliegen).
Die BaFin in ihrer unendlichen Weisheit hat sich vor ein paar Jahren offensichtlich gedacht "
naja, auch wenn keine Definition so richtig passt, sollten wir wohl Bitcoin besser mal regulieren, schließlich ist es der Wille des Gesetzgebers, dass wir u.a. den Verbraucher vor Anlagebetrug schützen".
Also hat die BaFin einfach die "Rechnungseinheit" genommen, weil das die "exotischste" Definition überhaupt ist, die in der Praxis eigentlich nicht vorkommt. Man ist wohl davon ausgegangen, dass das dann keiner kapiert
Zumindest kann ich mir nicht erklären, warum man sonst ausgerechnet die Rechnungseinheit für Bitcoin gewählt hat.
In der täglichen Praxis wäre Bitcoin wohl deutlich näher an den Sorten. Zwar fehlt die "Greifbarkeit" einer Münze, aber im Wesentlichen verhält sich Bitcoin sehr stark wie Bargeld.
Gäbe es eine Definition von "digitalen" Sorten, wäre Bitcoin mit ziemlicher Sicherheit genau das.* Rechnungseinheiten sind so exotisch, dass es realistisch betrachtet weltweit derzeit exakt eine gibt: Die
Sonderziehungsrechte des IWF.
Historisch gab es z.B. auch die
ECU.
"Hilfsweise" dienen häufig aber auch einfach "normale" Währungen als Rechnungseinheiten. In vielen Ländern wird z.B. der Preis einer Wohnung üblicherweise in Dollar oder Euro angegeben, selbst wenn der Kauf dann in lokaler Währung abgewickelt wird.
Im übrigen gibt es durchaus schon eine - zugegebenermaßen sehr kleine - Nische, in der Preise in Bitcoin ausgedrückt werden: Signaturkampagnen und teilweise auch andere Dienstleistungen hier im Forum.
Das ist insofern schon nicht zielführend, als es für die dort bezahlten Leistungen auch keinen allgemein anerkannten Wert gibt.
Und ansonsten muss man sagen: die Ausnahme bestätigt hier eindrucksvoll die Regel.
Und selbst für den Fall, dass Bitcoin einmal superstabil wird (also noch deutlich weniger volatil als Dollar und Euro), wäre es unsinnig von einer Rechnungseinheit zu sprechen, weil Rechnungseinheiten eben dazu da sind, den Wert einer Sache auszudrücken, aber eben gerade nicht dazu, den Wert selbst zu bezahlen.
Das Argument verstehe ich nicht ganz. Ist das bei Euro und Dollar und Co. nicht genauso?
Das ist ja auch der Grund, weshalb Dollar und Euro eben keine Rechnungseinheiten
sind, sondern Devisen und/oder Sorten.
Wobei Dai/BitUSD durchaus als "Rechnungseinheit" angesehen werden könnten, wenn sie ihre Stabilität so gut bewahren, dass darin Preise ausgezeichnet werden.
Selbst wenn so ein Stablecoin wirklich superstabil ist, ist er noch lange keine Rechnungseinheit.
Er ist dann, und wirklich nur dann Rechnungseinheit, wenn seine wesentliche Funktion darin liegt, Preise auszudrücken.
Anders gesagt: sobald man wirklich real damit bezahlen kann, ist es keine Rechnungseinheit mehr.
Und noch als kleine Erläuterung, warum eigentlich niemand "etwas dagegen gemacht hat", dass die BaFin hier einfach so selbst definiert, dass sie zuständig ist:
1. um gegen eine solche Entscheidung "etwas zu machen", braucht man einen "Fall".
Solange niemand klagt, kann auch kein Gericht darüber entscheiden.
Fälle müssen konkret sein, einfach "abstrakt" klagen, geht i.d.R. nicht.
Es hätte sich also z.B. ein Unternehmer finden müssen, der einen Bitcoin-ATM aufstellen will, und der hätte gegen das "Verbot" der BaFin klagen müssen.
Nun sind Unternehmer aber normalerweise nicht daran interessiert, Prozesse zu führen, sondern wollen Geld verdienen.
Also steckt ein Unternehmer seine Energie lieber in etwas Produktives, und macht dann halt einfach ein anderes Geschäftsmodell.
2. mit der Regulierung von Bitcoins als Rechnungseinheiten konnten (und können) "wir" eigentlich alle ganz gut leben.
Das ist nicht so restriktiv, dass Bitcoin "verboten" ist, und zugleich restriktiv genug, dass noch ein gewisser Verbraucherschutz gewährleistet ist.
3. wer ernsthaft als Unternehmer ein Geschäftsmodell mit Bitcoin in Deutschland abwickeln will, kann das.
Die Einstiegshürden sind zwar höher als in europäischen Nachbarländern, aber das kann auch ein Vorteil sein.
Schließlich hat man dann, wenn man die Hürden mal genommen hat, auch weniger Konkurrenz.
4. wenn Bitcoins nicht unter das KWG fallen, ist zu erwarten, dass früher oder später die Politik sich der Sache annimmt.
Schließlich
wollen die Politiker, dass Bitcoin reguliert ist.
Das Risiko ist nicht unerheblich, dass ein "Schnellschuss" bei der Regulierung, also z.B. eine kurze Ergänzung des KWG, weitaus "schlimmer" kommt als die Einstufung als Rechnungseinheit.
Gerade im Umfeld von "Terrorfinanzierung", "Kinderpornographie", "Drogen" und "Schlepperfinanzierung" kann man durchaus die Befürchtung haben, dass so ein exotisches Thema wie Bitcoin eben letztlich von den Hinterbänklern der Fraktionen als Bühne für die eigene Law-and-Order-Profilierung genutzt wird.
Und dann haben wir ganz schnell ein schlecht gemachtes, kaum geprüftes, und von der Bankenlobby vorgeflüstertes Gesetz, in dem Bitcoin als besonders scharf zu kontrollierendes Finanzmarktprodukt definiert wird.
In diesem Sinne ist also klar, dass Bitcoin einerseits tatsächlich nicht dem KWG unterliegt, und garantiert keine Rechnungseinheit ist.
Aber besser so, als wenn es plötzlich in Eile in einer Sommersitzung des Bundestags als Nebensatz in einer Gesetzesänderung definiert wird.
Anders gesagt: mit dem Status Quo konnten wir sehr gut leben.