Hallo Bitcointalker,
ich hatte es an anderer Stelle schon angekündig, hier ist nun der Thread zu meinem Crypto Rebalancing-Bot. Holt euch eine Tasse Tee, oder gleich ne Kanne, es wird lang... aber nicht langWEILIG
Worum geht es?
->
Ich habe einen Bot geschrieben, der auf der Börse Binance die vier Assets BTC, ETH, € und BUSD (hauseigener US$ Token der Börse) hält und ständig (alle 6 Minuten) rebalancet.Auf welcher Grundlage ist das geschehen?->
Ich suchte nach einer Lösung, allein aus der Volatilität der Coins Profit zu schlagen, und mich um nichts mehr kümmern zu müssen.
Der Anfang war dieser alte Thread:
https://bitcointalk.org/index.php?topic=2099548.0Da hat ein User namens Kalkulatorix seinem Namen alle Ehre gem8 und diverse Berechnungen zu unterschiedlichen regelbasierten Strategien angestellt (siehe dazu insbesondere Post #14).
Dabei kam im Großen und Ganzen folgendes heraus:
-eine Rebalacing-Strategie mit 50/50 Bitcoin zu FIAT bleibt in einem krassen, langen Bullenmarkt ehrlich gesagt meilenweit hinter HODL (Buy&Hold)... vor Steuern, und nach Steuern erst recht.
-dafür kann sie jedoch in Märkten, die sich unterm Strich nicht bewegen, auch noch akzeptable Renditen einfahren
Zum weiteren Verständnis muss man etwas erklären:
-es gibt grundsätzliche 2 Arten von Rebalancing:
-das periodische Rebalancing, wie es Kalkulatorix beschrieben hat. Dabei wird in bestimmten Zeitabständen, z.B. alle 24h, das Rebalancing stur durchgeführt, egal wie weit das Portfolio auseinander gedriftet ist in dieser Zeit
-oder das Threshold-Rebalancing. Da geschieht gar nichts, so lange nicht
Ich habe weitere Quellen gesucht und gefunden:
https://phemex.com/academy/crypto-portfolio-rebalancingDie Grundlagen der Studie sind aber sehr anders als bei Kalkulatorix:
-wir haben kein FIAT drin
-es werden mehrere Token verwendet. Zur Erinnerung: Kalkulatorix hatte nur Hälfte Bitcoin, Hälfte Dollar - fertig
-es wird sowohl periodisches als auch Threshold-Rebalancing beschrieben
-genau genommen ist es die Zusammenfassung mehrerer anderer Studien, die im Artikel auch verlinkt sind
Mein Resumee daraus:-es lohnt sich, mehr als 2 Assets zu verwenden
-es lohnt sich, beim periodischen Rebalancing die Frequenz hochzuschrauben (also die Abstände zu verkürzen). Bei den Abständen von Kalkulatorix (24h, 7d) geht das noch einigermaßen von Hand. Mit 1h, wie in der Studie beschrieben, natürlich nicht mehr.
-die Studie zeigt als kürzeste Zeitspanne für das perdiodische Rebalancing 1h auf, und weist dabei Trading Fees von 0.25%, wobei die Fees manchmal doppelt anfallen, weil es für manche der Assets kein direktes Trading Pair gibt, und BTC als "Zwischenstation" herhalten muss.
-kürzere Abstände werden nicht beleuchtet... ich suchte daher weiter und fand das hier:[/color]
https://www.pionex.com/blog/dual-coin-rebalancing-bot-app-version/Da wird ein Dual-Coin System aus BTC und ETH mit periodischem Rebalancing von unter 1h dargestellt. Es steht nirgends dabei, aber die Studie ist von Pionex und die haben 0.05% Fee. Das sind schon mal Welten besser als 0.25%, und kommt meinen Fees bei Binance (0.06% mit Reflink und BNB-Zahlung) schon sehr nahe.
Mein Resumee daraus:-Man sieht hier, dass bei Verkürzungen der Abstände bis 10 Minuten die Rendite noch steigt. Ganz untem im Artikel steht sogar, dass der hauseigene Rebalncing-Bot mit 5 Minuten Intervallen arbeitet.
-auch bei kurzen Abständen fressen einen also nicht die Gebühren. Das haben später auch meine eigenen Daten belegt.
-BTC und ETH korrelieren relativ stark... von BTC zu $ oder ETH zu € werden sich in der Regel größere Schwankungen ergeben, als von BTC zu ETH, was dafür spricht, dass ein Bot mit FIAT vermutlich sogar noch besser mit kurzen Abständen funktioniert
-ich habe gemäß dem Verhältnis der Trading-Gebühren (0.05% Pionex, 0.06% Binance) statt 5 Minuten erst mal 6 gewählt. Man könnte später aber noch weiter absenken, die Gebühren muss man halt im Auge behalten[/color]
Dann habe ich den Bot für Binance geschrieben. Mit deren offizieller Java-API. Er läuft nun auf meinem Notebook Tag und Nacht. Vielleicht packe ich ihn später noch auf einen VPS, mal sehen.
Dabei viel mir noch folgendes auf:-ob der Bot Gewinn macht, ist gar nicht so einfach festzustellen.
-Grund: die täglichen Kursschwankungen überlagern die eigentlichen Trading-Resultate (was nicht damit zu verwechseln wäre, dass sie diese zunichte machen). Die normale Kursbewegung ist einfach viel größer, als das, was durch Rebalancing an einem Tag erwirtschaftet wird. Langfristig sollte sich aber der Trend kontinuierlich erfolgreicher Trades durchsetzen. Insbesondere in Seitwärtsmärkten.
-man muss die Handelsaktivität des Bots am besten LIFO betrachten, um zu sehen was wirklich los ist. Natürlich konvergieren LIFO und FIFO, oder anders ausgedrückt: was langfristig in LIFO profitabel ist, ist es auch in FIFO, und umgekehrt. FIFO spiegelt jedoch die lang zurückliegenden Coins wieder, die dann unter Umständen an Tagen verkauft werden, wo der Kurs viel schlechter ist (obwohl der Verkauf gemäß dem Regelwerk an dem Tag richtig war).
-eine LIFO Betrachtung liefert bisher fast jeden Tag positive Ergebnisse von wenigen Euro. Aufs Jahr hochgerechnet könnten das ganz grob zwischen 7 und 20% Rendite sein, auch wenn der Kurs sich in 365 Tagen kaum bewegt (aber zwischendurch schwankt). Ich muss mehr Daten sammeln, um das wirklich einordnen zu können.
-Eine hohe Marktabhängigkeit kann man dem Bot nicht absprechen, wenn auch längst nicht so hoch wie bei HODL. Beim letzten Dip z.B., der doch an die 20% Betrug, dippte der Bot nur knapp halb so stark wie ein starre Portfolio mit 100% Crypto 0% FIAT... wie ich sagte: der Bot arbeitet hier langfristig an seiner Erfolgsstory, mühsam nährt sich das Eichhörnchen. Wenn es an einem Tag 10% dippt, ist der Tradinggewinn des Tages dagegen ein Tropfen im Meer.
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Zum Schluss noch Stärken und Schwächen des Bots:Stärken:
+performt den Markt im Bärenmarkt und Seitwärtsmarkt aus:
Bärenmarkt: FIAT-Anteil dämpft die Verluste, und jeden kleinen Bounce kann der Bot wieder nutzen um Profit zu erwirtschaften
Seitwärtsmarkt: Schwankungen werden konsequent ausgenutzt, so steht auch bei unterm strich unbewegtem Kurs eine Rendite
+man muss wenn er einmal geschrieben ist, fast nix mehr tun. keine Entscheidungen mehr, kein Login mehr, keine Order mehr. Einfach chillen. Das größte Risiko ist hier, das Binance die API ändert und die Befehle irgendwann nicht mehr funktionieren. 95% des Codes bleiben jedoch unverändert, und das wäre vor allem Copy & Paste Arbeit, nix kompliziertes
+man ist extrem flexibel. Man könnte theoretisch auch den Bot und anhalten und das FIAT rausnehmen, wenn es für was anderes nehmen will (Aktien oder Auto kaufen)Schwächen:
-ein Bullenmarkt, wo BTC um 1000% steigt und ETH noch mehr, wird an dem Bot weitgehend vorbeilaufen. Er fängt ja sofort an die steigenden Coins abzuverkaufen, und hat dann nach oben raus immer weniger, die die Steigerung noch mitmachen. Trotzdem ist ein Bullenmarkt auch für den Bot das beste Szenario. Er ist ja schließlich nicht Marktneutral, nur weil er zur Hälfte aus FIAT besteht. Er ist quasi eher mit Hebel 0,5 long.
-die Haltefrist wird auf jeden Fall gerissen... mein Bot handelt alle Coins die drin sind in ca. 1 Woche einmal durch. Also dann ist nach FIFO Betrachtung am Sonntag Abend keine der am Montag morgen noch gehaltenen Coins mehr da.
-es entstehen extrem viele Transaktionen, die man auswerten muss. Um zu wissen, ob es lohnt. Und wegen der Steuer. Der Bot macht alle 6 Minuten was, in ca. 50% der Fälle wird er tatsächlich aktiv, also führt eine Order aus, in 50% prüft er nur (siehe unterer Punkt). Sind also 120 Trades am Tag. Aber die Gebühren und der Kickback durch BNB sind auch extra Transaktionen und verdreifachen gleich mal die Anzahl. Außerdem kann er auch mehr als 1 Trade machen, z.B. BTC gegen EUR verkaufen und ETH gegen Dollar. Also ohne eine Software, die unbegrenzt Transaktionen erfasst, sieht man hier kein Land. Es wird einfach zu krass. Und die Software kostet natürlich auch. Vielleicht lässt sich das Finanzamt auch auf eine Stichtagsbetrachtung ein (Kontostand 01.01., Kontostand 31.12, Differenz ist der Gewinn), aber darauf würde ich nicht wetten.
-eben sagte ich, in 50% der Fälle prüft er nur. Das bedeutet: es gibt zwar eine Differenz zwischen den Assets (sind ja nie genau gleich...), aber diese ist so klein, dass die Mindestordergröße von Binance (meist 10$/€, bei Coin-zu-Coin Paaren meist etwas kleiner) nicht erreicht wird. Daher ist der Bot für große Anlagesummen ausgelegt. Bei kleinen wird er zu oft an der Mindestordergröße scheitern, so dass er letztlich doch nicht mit hoher Frequenz handelt, und viele Trades liegen lässt. Natürlich ist es hier problematisch, viele Assets zu haben, da dadurch die einzelnen Positionsgrößen und damit auch deren absolute Differenzen sinken. Hoffe das war halbwegs verständlich.
-die Coins liegen immer auf dem Exchange... es ginge vielleicht auch anders, aber ein System dass nur ein paar Coins zum handeln hält, und den Rest im Wallet, wäre weitaus schwieriger zu realisieren, hätte ständig Withdrawal-Fees und wäre steuerlich extrem kompliziert
-Vorsicht... wenn man unter den Coins ein faules Ei hat, das ins Bodenlose fällt, so wird der Bot da gnadenlos weiter Geld drin versenken. Wer erinnert sich noch an Bitconneeeeeeeeeeeeeeect? Das wäre ein klassisches Beispiel. Wäre Bitconnect eins der Assets im Korb, dann würde der Bot alles andere verkaufen, um immer mehr und mehr Bitconnect nachzukaufen... bis in den Untergang. Daher ist es wichtig, nur absolute Qualität drin zu haben. Coins an denen es nicht den geringsten Zweifel gibt. Da bleiben eigentlich nur BTC und ETH (selbst hinter ETH würde manch einer ein Fragezeichen setzen - ich nicht, aber das muss jeder selbst wissen).Klingt jetzt erstmal, als hätte er mehr Nach- als Vorteile. Lasst euch nicht täuschen, die Nachteile sind bloß langwieriger zu erklären.
Ob so etwas zu einem passt, hängt stark davon ab, was für ein Typ Anleger man ist.
Das mit der Steuer z.B... wenn ich versuchte die Haltefrist zu erfüllen, bin ich schon tausend Tode gestorben. Ich bin einfach nicht dafür gemacht, 1 Jahr zu warten.
Für einen anderen spielt es vielleicht gar keine Rolle, weil die steuerliche Situationen eine andere ist, oder er in nem anderen Land wohnt.
Was man am Bot noch verbessern könnte:-mehr Assets rein... aber ich sehe wie gesagt nur BTC und ETH als absolute Quality-Coins
-Frequenz weiter erhöhen
-vielleicht kriegt man ihn auch irgendwie umgebaut, dass er es so anstellt, dass er Maker-Fees statt Taker bezahlt... das wäre auch ein riesen Unterschied. Dann müsste man auf die Ausführung der Order aber wohl etwas warten, und theoretisch könnte es auch sein, dass sie nicht zur Ausführung kommt. Dann sind die Coins blockiert. Das wird kompliziert.
-habe auch mal überlegt, mit den gerade nicht benutzten Coins (Bot handelt ja immer nur Kleinstbeträge) Lending zu betreiben, und sie dann rechtzeitig freizuschalten, um damit weiterzumachen, wenn benötigt. Zinsen für BTC und ETH sind aber sehr niedrig
-wegen dem Exchange-Risiko müsste mittelfristig auf jeden Fall ne zweite Börse her, z.B. FTX hatte ich da im Visier. Das Programm muss man dafür nicht komplett neu schreiben
-hatte auch überlegt, Short Token reinzunehmen. Damit könnte man den Bot wirklich marktneutral machen, also dass ihm im Prinzip der Kursverlauf egal ist, und er nur von der Schwankung lebt. Short- und Hebelprodukte haben aber einen großen Haken: Pfadabhängigkeit (gidf, das erkläre ich hier nicht auch noch, der Thread ist eh schon extrem lang)
Zu guter letzt: Warum schreibe ich eigentlich diesen Thread?-es könnte sein, dass irgendwo Denkfehler drin sind, die ich nicht sehe. Bin ein selbstkritischer Mensch und auch für konstruktive Kritik dankbar, aber jeder ist irgendwo betriebsblind.
-Vielleicht ist das auch was für euch?
-es macht einfach Spaß, an so nem Bot zu arbeiten, dann habe ich auch das Bedürfnis das mitzuteilen
-Fragen? Immer her damit!