Wie ist das denn bei Spekulation?
Ich verstehe nicht wirklich, warum jemand Millionen Euro umsetzen und Gewinne machen und täglich wild rumspekulieren kann, sodass man den Überblick verliert (war doch so bei Hoeneß oder?) und das dann kein Gewerbe sein soll (geh ich jetzt mal von aus, dass das kein Gewerbe benötigt, auch wenn iudicas aussagen nach was anderes klingen)
Ja, soweit man nur sein eigenes Vermögen "gut anlegt".
Während wenn jemand sich eine Strategie ausdenkt, dann plötzlich ein Gewerbe nötig sein soll.
Alles kann identisch sein, aber nur weil einer eine Strategie verwendet (sei es daytrading, pinpong oder was auch immer), ist es dann aufeinmal ein Gewerbe?
Die Strategie macht es nicht, es bedarf zusätzlich noch einer gewerblichen Prägung. Die hat man dann typischerweises im Hochfequenzhandel, wo über den eigenen Kaptialeinsatz auch noch Investitionen in Hardware, Software, Zeit etc. unternommen werden.
Also ich verstehe wirklich noch nicht, wo da eine Abgrenzung sein soll. So wie iudica es zurzeit schreibt, klingt es für mich so, als würde jeder Bitcoiner der mind. einen Trade die Woche macht, ein Gewerbe benötigen.
Das reicht sicherlich nicht, auch 1 Trade pro Tag nicht.
Also ist Deine Position: Regelmäßiger Arbitragehandel ist immer ein Anzeichen für gewerbliches Handeln,
Ja, die Einkünfte resultieren ja nicht primär aus der Fruchtziehung, sondern aus dem Agieren am Markt.
kommt ein Bot zum Einsatz, dann ist die Einschätzung als gewerbliches Handeln (mehr oder weniger) zwingend.
Nein, aber es ist ein weiteres Zeichen. Wenn ich mir bei github einen Bot runterlade und unmotiviert laufen lasse, dann nicht. Inverstiere ich aber nennenswert Kapital zum Erwerb dieses Bots, schaffe Strukturen (z.B. Inet mit geringer Latenz) oder erarbeite eine ausgeklügelte Tradingstruktur, spricht vieles für ein Gewerbe.
Das leitet sich aber nicht aus dem Wertpapierhandelsgesetz ab, sondern eben aus der Tatsache, dass der Boteinsatz ein auf Dauer angelegtes Streben nach Gewinnmaximierung samt entsprechender "Geschäftsausstattung" impliziert, das über die reine private Vermögensverwaltung eindeutig hinausgeht. Korrekt?
Ja
Spielt es echt eine Rolle ob offline oder online?
Laut BaFin ja. Das liegt vielleicht daran, dass man durch das "Reisen" offline den Markt erst einmal herstellt (und meist damit gut verdient) und die Einkünfte dieser Reisetätigkeit und somit den gewerblichen Einkünften zugeordnet wird.
Versuchen wir das auf das botgestützte Arbitragehandel anzuwenden, dann bleibt nur noch die Frage ob es sich um "algorithmischen Handel" handelt.
Was macht ein Bot anderes, als einem bestimmten Algorithmus zu folgen.
Als nicht gewerbesteuerpflichtiger Daytrader handelt derjenige, der folgende Merkmale erfüllt:
• Keine Erlaubnis als Finanzdienstleistungsinstitut nach dem KWG
• Keine Erlaubnis als Wertpapierhandelshaus nach dem WpHG (Hinweis: Wer keine KWG-Erlaubnis hat, kann auch keine nach dem WpHG bekommen)
• Keine Tätigkeit als Finanzunternehmen nach § 1 Abs. 3 KWG
• Kein direkter Handel mit anderen Marktteilnehmern (Gemeint ist: keine Teilnahme am Börsenhandel als nach § 19 BörsG zugelassener Börsenhändler)
• Einsatz ausschließlich des eigenen Vermögens
Ist m.E. ein Zirkelschluss, denn um sich nach diesen Gesetzen als z.B. ein Finanzdienstleistungsinsitut zu qualifizieren, bedarf es doch schon eines kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb, was ja mit einem Gewerbe annähernd parallel läuft und man zur Vermögensverwaltung zwangsläufig eigenes Vermögen braucht.
Der Beschluss vom 24.06.2008, Az. X R 38/07 hilft auch nicht weiter, weil es hier lediglich um eine formelle Verfristung ging und inhaltlich nichts entschieden wurde.
Unschädlich sind bei dieser Einstufung:
• Daytrading
• Leerverkäufe
• Geschäftsmäßige Organisation (Argument des Gerichts: Jeder Privatmann verfüge schließlich über PC, Internet, Handels-Software, Telefon et cetera)
• Berufliche Vorbildung (solange nicht im Rahmen der berufl ichen Tätigkeit mit anderen institutionellen Händlern Geschäfte getätigt werden)
Halte ich für eine riskante These. Gerade Leerverkäufe bedeuten doch, dass man Sachen verkauft, die man nicht hat und es somit sich nicht um Vermögensanlage handelt. Und unter geschäftsmäßiger Organisation verstehe ich nicht "Telefon und PC", darüber hinaus hat nicht jeder eine Handelssoftware.
Ich würde den Artikel mit Vorsicht genießen.
Ich kann das weiterhin nicht wirklich sehen, aber iudica scheint in dieser Richtung zu argumentieren.
Nein, wir sind hier gestartet:
Wenn du lediglich auf vorhandenen börsen handelst, ist das definitiv nicht gewerbepflichtig.
Stimmt nicht ganz. Wenn Du Hochfrequenzhandel betreibst, also den Bereich der eigenen Vermögensverwaltung verlässt, dann wird es auch ein Gewerbe. Typischer Fall: softwaregestützes Daytrading.
Es ging um "nur auf vorhandenen Börsen handeln" = "nicht gewerbesteuerpflichtig". Es gibt allerdings den Fall, dass man die reine Vermögensverwaltung verlässt. Als typischen Fall habe ich das softwaregestützes Daytrading genannt. Wenn man echter Daytrader ist, dann überwiegt schon.
Das FG Berlin-Brandenburg (29.08.2007 - 3 K 5109/03 B) sieht das deutlich anders:
Seit Juni 1999 begann der Kläger im Zimmer seines elterlichen Haushalts in größerem Umfang Wertpapierankäufe und Wertpapierverkäufe zu tätigen. Das Geschäftskonzept des Klägers beruhte darauf, auf Börsenplätzen in Deutschland (Frankfurt am Main, Hamburg, Düsseldorf, München, Hannover, Stuttgart und Bremen), den Computerbörsen in New York (der National Association of Securities Dealer Automated Quotation –NASDAQ- und New York Stock Exchange –NYSE-) sowie in Tokio aus einer Vielzahl dort gehandelter Wertpapiere solche zu erwerben, die während eines Handelstages hohe Kursschwankungen erwarten ließen, um sie auf diesen oder anderen Börsenplätzen zu einem höheren Kurs zu veräußern und in Höhe der Differenz zwischen An- und Verkaufspreis einen Gewinn zu erzielen. In gleicher Weise beabsichtigte der Kläger auch an fallenden Kursen zu partizipieren. In der Erwartung, ein von ihm ausgewähltes Wertpapier werde an Wert verlieren, veräußerte er diese nicht in seinem Besitz befindlichen Wertpapiere fiktiv auf einem der Börsenplätze zum bestehenden (möglichst hohen) Kurswert. Anschließend erwarb er nämliches Wertpapier auf einem der Börsenplätze zu einem gegenüber dem Verkaufspreis niedrigeren Kurswert und gab es seiner Bank zurück (so genannte „Leerverkäufe“ oder „short sale“). Um unvorhersehbare Entwicklungen zu einem für den Kläger ungünstigen Kursverlauf zu vermeiden, tätigte er die geschilderten Wertpapierankäufe und Wertpapierverkäufe in der Regel taggleich (so genanntes day-trading). Auf diese Weise befanden sich am Ende eines Börsentages in der Regel keine Wertpapiere in seinem Wertpapierdepotkonto.
Zur Umsetzung seiner Anlagestrategie erwarb der Kläger hochleistungsfähige Computer und Monitore und entsprechende Spezialsoftware (Tradingsoftware, vgl. Aufstellung der Werbungskosten vom 27. Februar 2002, S. 1, „Software Sonderanfertigung“, Anschaffungskosten 5000,- DM, „BNV-Akte) und bediente sich verschiedener entgeltlicher Börseninternetinformationsdienste. Diese stellten ihm die für seine schnellen An- und Verkaufsgeschäfte erforderlichen weltweiten Wirtschafts- und Kursdaten über Internet ohne Zeitverzögerung in Echtzeit („Realtime“) zur Verfügung. Unter Zuhilfenahme von spezieller Computersoftware und geeigneten Brokern schaffte der Kläger sich die Möglichkeit, seine im Streitjahr etwa 800-mal und im darauf folgenden Jahr etwa 11.000-mal teils per Internet oder teils per Telefon erteilten Kauf- und Verkaufsaufträge sekundenschnell und präzise am jeweiligen Börsenplatz zu platzieren. Sein Startkapital in Höhe von 50.000,- DM hinterlegte er bei einem Broker als Sicherheit für seine in den USA getätigten Leerverkäufe (so genanntes „margin“). Die Abrechnung seiner Wertpapiergeschäfte erfolgte zunächst über die … Bank AG und später über die ...KGaA .
Nach Abzug der Aufwendungen für Telefon, die Inanspruchnahme von Börseninternetdiensten, Abschreibungen auf Anlagevermögen, Transaktionskosten, Gebühren und Provisionen für 1999 in Höhe von 47.890,- DM (Bl. 17 ESt.-Akte Bd. I) und entsprechender Kosten für 2000 in Höhe von 342.233,- DM (Bl. 10 ES-Akte Bd. II) erzielte der Kläger aus seinen börsentäglichen vorgenommenen An- und Verkäufen von Wertpapieren im Streitjahr einen Überschuss in Höhe von 874.548,- DM sowie im Jahre 2000 einen Überschuss in Höhe von 5.428.749,- DM . Diese Überschüsse erfasste der Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen für 1999 und 2000 als private Veräußerungsgeschäfte bei den sonstigen Einkünften gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 4 Einkommensteuergesetz -EStG-.
Das war für die kein gewerblicher Handel, weil...
Entgegen der Auffassung des Beklagten hat der Kläger mit seiner Beschäftigung nicht den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschritten.
Bei der gebotenen Abgrenzung ist entscheidend ist, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, dass nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (Großer Senat des BFH, Beschluss vom 10. Dezember 2001, GrS 1/98, BStBl. II 2002, 291 mit weiteren Nachweisen). Hierbei ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen (vgl. etwa BFH, Urteile vom 30. Juli 2003, X R 7/99, BStBl. II 2004, 408 und 26. Juni 2007, IV R 49/04). Nach der Rechtsprechung des BFH überschreiten An- und Verkäufe von Wertpapieren – selbst in erheblichem Umfang – regelmäßig nicht den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung, und zwar selbst dann, wenn sie gar keinen laufenden Gewinn gewähren, sondern die Anschaffung allein aus Gründen der Realisierung von Kursgewinnen erfolgt. Bei Wertpapieren liegt es in der Natur der Sache, den Bestand zu verändern, schlechte Papiere abzustoßen, gute zu erwerben und Kursgewinne zu realisieren (BFH a. a. O.). Die Rechtsprechung hat deshalb aus Gründen einer die Gleichheit der Rechtsanwendung gewährleistenden Zuordnung zum Bild des Gewerbebetriebs bzw. zum Gegentypus der privaten Vermögensverwaltung Beweisanzeichen entwickelt. Hierbei orientiert sie sich unmittelbar an den der Lebenswirklichkeit entlehnten Berufsbildern. Auf diese Weise soll der Entwicklung der Verhältnisse und der damit einhergehenden sich ändernden Verkehrsanschauung Rechnung getragen werden. Der An- und Verkauf von Wertpapieren überschreitet deshalb die Schwelle der privaten Vermögensverwaltung, wenn die entfaltete Tätigkeit dem gesetzlichen Leitbild eines Wertpapierdienstleistungsun-ternehmens oder eines Finanzunternehmens gleicht oder andere für eine private Vermögensverwaltung ungewöhnliche Verhaltensweisen vorliegen (vgl. auch FG München, Urteil vom 15. März 2006, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2006, 264; Deutsches Streuerrecht Entscheidungsdienst -DStRE- 2007, 743). In Anwendung dieser Grundsätze gelangt der Senat unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Streitfalles zu der Auffassung, dass die vom Kläger im Echtzeithandel getätigten taggleichen An- und Verkäufe von Wertpapieren, bei denen es sich überwiegend um so genannte Leergeschäfte handelte, noch nicht den Rahmen der privaten Ver-mögensverwaltung überschritten hatten und deshalb nicht als gewerblich Einkünfte zu qualifizieren sind.
richtig krass wird es hier:
Da der Kläger mit seiner Tätigkeit nicht einem Wertpapierhändler vergleichbar tätig wurde, verneint der Senat im Ergebnis auch eine Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr mangels Leistungs- und Güteraustausches, soweit der Kläger Leergeschäfte tätigte. Zutreffend hebt der Kläger insoweit hervor, dass die Leergeschäfte nicht auf die Erfüllung von Lieferpflichten gerichtet waren, sondern die Kontrahenten lediglich auf die Differenz zwischen Basispreis und aktuellem Marktpreis (Börsenkurs) des betreffenden Wertpapiers in Gestalt eines Barausgleichs spekulierten. Insofern stehen diese Geschäfte den Termingeschäften gleich (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, Kommentar zum EStG, 26. Aufl., Rz. 24 zu § 15 mit weiteren Nachweisen).
Auch wenn ich anderer Ansicht bin, ist es eine weit verbreitete Meinung (vgl. Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, EStG § 15 Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Schäffer-Poeschel)):
Der professionelle Händler ist – im Gegensatz zum privaten Anleger – unabhängig von beruflichen Vorkenntnissen (s BFH v 11.07.1968, BStBl II 1968, 775) dadurch gekennzeichnet, dass er (wie Wertpapierhandels- o Finanzunternehmen)
- an professionelle Handelssysteme angeschlossen ist (dazu Bornheim, Stbg 2002, 260, 264): BFH v 30.07.2003, aaO, unter II.3. b.aa. u BFH v 28.11.2007, BFH/NV 2008, 774, zu 2. e.bb. und
- am Handel mit anderen Marktteilnehmern über die Präsenzbörse o den Börsenhandel kraft besonderer Zulassung professionell iSd § 1 Abs 3d S 2, § 1 Abs 3 KWG teilnimmt,
- für fremde Rechnung (§ 1 Abs 1 S 2 Nr 4 KWG) tätig wird (untergewichtig für nahe Angehörige ist unschädlich; BFH v 19.08.2009, BFH/NV 2010, 844).
Nach diesen Kriterien ist der private Daytrader zu Recht nicht einem gewerblichen Wertpapierhändler vergleichbar, auch wenn er mit hochleistungsfähiger Hard- u Software eine geschäftsmäßige Organisation unterhält, selbst wenn er Leerverkäufe tätigt, soweit er nur im eigenen Namen u auf eigene Rechnung (o sonst nur für nahe Angehörige) handelt: FG Mchn v 28.07.2009, 13 K 1717/07, Haufe-Index 2 236 770, für einen StPfl, der in seinem häuslichen Arbeitszimmer ausschließlich auf eigene Rechnung und in eigenem Namen als sog Daytrader im Echtzeithandel nachhaltig Ankäufe und Verkäufe von Wertpapieren allein mit EK tätigte u seine Order über Online-Broker platzierte. Dem steht nicht entgegen, dass daneben keine Tätigkeit ausgeübt wird (Urteilsfall: täglich bis zu 300 Käufe und Verkäufe mit mindestens 50 unterschiedlichen Positionen). Die gegenteilige Auffassung in der Literatur, dass ein Daytrader Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, hielt das FG nicht für zutreffend; zB sind Nach Schmidt-Liebig, INF 1999, 641, 646, Daytrader insb wegen ihres großen persönlichen Arbeitseinsatzes gewerblich (mE nach der maßgeblichen allg Verkehrsauffassung dennoch kein gewerblicher "Händler"). Somit dürfte es schwierig sein, den BFH davon zu überzeugen, dass im Verlustfall gewerbliche Einkünfte iSv § 15 Abs 2 EStG vorgelegen haben.
Es liegt wohl im Interesse des Fiskus, die semiprofessionellen Trader nicht gewerblich zu machen, weil diese gesamt betrachtet Verluste machen und diese Verluste bei der Vermögensverwaltung nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden dürfen (Gewerbe schon).
Fazit: Die Hürde zum gewerblichen Handel ist wahnsinnig hoch (schaut euch nur mal das Volumen und den Einsatz in dem besprochenen Fall an). Sie wird immer höher, weil Bots, Software, Rechner etc. immer mehr "Standart" von Privatpersonen werden.