Was heißt eigentlich Bitcoin soll reguliert werden?
Das kommt immer ein wenig auf den Zusammenhang an, in dem das gesagt wird.
Disclaimer: meine Antworten sollen keine Präferenz in Bezug auf Regulierung pro oder contra darstellen. Üblicherweise versteht man in der politischen Diskussion unter Regulierung im Allgemeinen die Vereinheitlichung der Nutzung bestimmter Leistungen, die sich in irgendeiner Weise ähnlich sind.
Insofern zielt man bei der "Bitcoin-Regulierung" darauf ab, dass der Umgang mit Bitcoins, bzw. Leistungen in Bezug auf Bitcoins in der selben, oder einer ähnlichen Art juristisch gehandhabt werden wie andere, ähnliche "Finanz-Dinge".
Konkret sollte also z.B.
- der Verleih von Bitcoins ähnlich gehandhabt werden wie der Verleih von Geld,
- die Aufbewahrung von Bitcoins für andere Personen ähnlich gehandhabt werden wie die Aufbewahrung von Geld
- der Versand von Bitcoins für andere Personen ähnlich gehandhabt werden wie der Versand von Geld
Oder, noch einfacher ausgedrückt: wenn eine Firma eine Leistung mit Bitcoins anbietet, die sehr ähnlich ist wie die Leistung einer Bank, dann sollte diese Firma auch wie eine Bank behandelt werden.
Natürlich kann man dann auch konsequenterweise fordern, dass z.B. auch in der privaten Nutzung von Bitcoins die selben Regelungen greifen, wie sie z.B. in Bezug auf Bargeld gelten. Wenn also ein Bargeld-Geschäft in Höhe von mehr als 10.000 EUR KYC-pflichtig ist, so ist es in gewisser Weise nur konsequent, zu fordern, dass das auch für Bitcoin gilt, wenn Bitcoin dem Bargeld ähnlich ist.
Die großen Fragen, die man in erster Linie stellen muss, sind natürlich zunächst einmal:
1. ist Bitcoin überhaupt den "klassischen Finanz-Dingen" ähnlich genug, um eine Regulierung zu rechtfertigen?
2. welchen "klassischen Finanz-Dingen" ist Bitcoin ähnlich, denn daraus ergibt sich, welche Regeln konkret anwendbar sind?
3. oder braucht Bitcoin selbst eine komplett neue Einstufung, weil es zwar allgemein irgendwie schon ein "Finanz-Ding" ist, aber keinem bekannten genug ähnelt, dass die alten Regeln dafür besonders sinnvoll funktionieren?
Die Bitcoin-Community wünscht sich in gewisser Weise natürlich, dass Frage Nummer 1 schon mit einem "Nein" beantwortet werden kann.
Die Politik (so man von einer einheitlichen Front sprechen kann), wünscht sich offensichtlich ein klares "Ja" als Antwort auf Frage Nummer 1.
Die BaFin beantwortet momentan Frage Nummer 2 mit den "Rechnungseinheiten", was nach (IMHO) mehrheitlicher Meinung aller Experten und Juristen falsch ist.
Ich selbst tendiere zu der Auffassung, dass Frage Nummer 2 "hilfsweise" mit "Sorten", also "Bargeld" besser beantwortet wäre, halte aber auch das nicht für ausreichend, und gehe daher davon aus, dass wir nicht umhin kommen, früher oder später Frage Nummer 3 mit einer eigenen Einordnung von Bitcoin & Co. beantworten müssen.
In gewisser Weise erinnert mich dieser Vorgang im Moment an die "Frühzeit*" des "Internet", als Politiker versucht haben, dem Internet einen Stempel aufzudrücken, der den neuen Erfordernissen nicht gewachsen war. Man hat versucht, das WWW im Sinne des Presserechts zu regeln, Email im Sinne des Postrechts, Provider im Sinne von Telekommunikationsnetzen.
Das war zwangsläufig zum Scheitern verurteilt, weshalb in rascher Folge immer wieder Nachbesserungen an den Gesetzen erforderlich waren, die jahrelange Rechtsunsicherheit mit sich brachten, und bis heute einen ungeordneten Flickenteppich an teils widersprüchlichen Regeln hinterlassen haben.
In diesem Sinne hoffe ich darauf, dass sich vielleicht ein konstruktiver Weg finden lässt, Bitcoin zu regulieren, und zwar im Sinne einer neuen Gesetzgebung, die tatsächlich den Eigenschaften von Bitcoin gerecht wird. Ich gehe nicht davon aus, dass es sinnvoll und zweckmäßig ist, einen Verzicht auf Regulierung zu fordern, schließlich dürfte (IMHO) auch der demokratische "Wille des Volkes" eher in die Richtung gehen, dass schon aus Gründen des Verbraucherschutzes und zur Abwehr realer oder vermeintlicher Gefahren gewisse Regeln gelten.
Oder, kurz gesagt: wenn der Bild-Zeitung-Leser will, dass die Einlagensicherung für Bitcoin-Börsen greift, dann ist es auch Pflicht der Politik, dies zu bewirken.
Zugleich ist ohnehin klar, dass zumindest der private, individuelle Gebrauch von Bitcoin einer Regulierung ohnehin nicht zugänglich ist.
* in den späten Neunzigerjahren, wobei mir bewusst ist, dass das keineswegs die tatsächliche Frühzeit des Internets ist, aber aus Sicht der beteiligten Politiker war es eben Neuland