Ardor ist eine neuartige Kryptowährungsplattform und die zweite Generation der NXT-Software. Sie ist am 1. Januar 2018 gestartet und bietet als erste Währung überhaupt die sogenannten
Child-Chains für unabhängige Unter-Währungen. Wie NXT basiert Ardor auf dem energiesparenden Proof-of-Stake-System und bietet folgende Features:
- Asset-Exchange (dezentrale Token-Börse/DEX)
- dezentraler Marktplatz
- Alias-System (Registrierung von einzigartigen Namen)
- Monetary System (Unterwährungen, ebenfalls handelbar über DEX)
- Nachrichtensystem
- Datenspeicher (Data Cloud)
- Wahlsystem
- Phasing (Multisignature, HTLCs)
- Account Control / Account Properties
- Block-Zeit: 1 Minute
WebsiteArdorplatformForen & KommunikationArdor Reddit (derzeit am meisten genutzt)
Ardor ForumEnglischer Bitcointalk-ThreadWeitere RessourcenSource Code (Bitbucket)Neue Versionen (offizielle Ankündigung im Ardorforum, inklusive experimentelle Testnet-Versionen)
Feature-Liste mit Vergleich zum alten NXTBlock ExplorerDemo-Web-Client (kann als erweiterter Block Explorer genutzt werden, bitte
nicht die eigene Passphrase dort eingeben!)
Website des Entwicklerteams "Jelurida"
Ardor bietet dank der Child-Chain-Technologie zwei Hauptvorteile gegenüber dem alten NXT und anderen bisherigen Ansätzen:
1) Es bietet nativ die Möglichkeit, mehrere
Unter-Währungen vollkommen unabhängig von der Hauptwährung zu betreiben. Beispiele wären Punktesysteme für Unternehmen oder In-Game-Währungen. Diese Währungen profitieren alle von der Sicherheit des Gesamtsystems. Die Nutzer müssen jedoch im Gegensatz zu älteren Lösungen (etwa ERC20 Token, NXT Currencies) keine Transaktionsgebühren in der Hauptwährung bezahlen.
2) Weiterhin bietet sie eine Lösung für das Problem der
Skalierbarkeit, das derzeit bei Bitcoin für Unmut und Diskussionen sorgt: Mit Ardor ist es theoretisch möglich, bei gleichem Aufwand für die Netzwerk-Teilnehmer um mehrere Größenordnungen mehr Transaktionen als bei traditionellen Blockchain-Plattformen wie Bitcoin zu erreichen.
Neben der Basis-Währung
ARDR gibt es von Beginn an eine Unterwährung namens
IGNIS, die als Hauptwährung für Finanztransaktionen und Zahlungen genutzt werden kann und als Child-Chain implementiert wurde. Seit dem Start sind zwei weitere Child-Chains dabei:
Bitswift und
AEUR, ein Token, der an den Euro gebunden ist und in Kooperation mit der litauischen Bank
Mistertango betrieben wird.
Verteilung / ICO:Die Verteilung der Tokens ist abgeschlossen.
- Die ARDR-Token wurden bereits 2016 an alle damaligen NXT-Halter verteilt. Sie existierten zuerst als Assets auf der NXT-Blockchain (ARDR) und wurden beim Launch 1:1 in "echte" ARDR-Token getauscht.
- Wer NXT am Snapshot-Block am 28. Dezember 2017 hielt, wurde beim Start des Main-Nets mit der Hauptwährung IGNIS belohnt (Verhältnis 1 NXT / 0.5 IGNIS).
- 420 Mio. IGNIS wurden in einer ICO zwischen dem 5. August und Ende Oktober verteilt. Die ICO lief über die NXT-Blockchain, man konnte darüber IGNIS zum Teil deutlich günstiger als über den Snapshot erwerben (Startpreis: 0,4 NXT pro IGNIS, beim Snapshot waren es 2 NXT pro IGNIS und dazu zu einem deutlich höheren Kurs).
- 80 Mio. IGNIS plus ein Teil der letzten ICO-Tranche, die nicht verkauft wurden, verbleiben bei den Entwicklern.
Die alte NXT-Blockchain bleibt übrigens daneben völlig unabhängig von Ardor bestehen (Ardor ist de facto eine neue Kryptowährung) und wird derzeit (Stand August 2020) weiter von den Original-Entwicklern unterstützt.
Child-Chains - Ardors große Neuerung - einfach erklärt (ELI5)Beide Vorteile - unabhängige Währungen und Skalierbarkeit - werden durch ein neuartiges System ermöglicht, die "Child-Chains". Dieses System ist recht kompliziert, ich versuche mich trotzdem an einer einfachen Erklärung (sogenannte ELI5 / "Explain like I'm Five" - Erklärung, wie als ob ich 5 Jahre alt wäre
).
Child-Chains funktionieren als "Unterketten" der Haupt-Blockchain. Diese besitzt ebenfalls eine Währung, die Ardor (ARDR) genannt wird. Die Hauptkette übernimmt nur wenige Funktionen - hauptsächlich die Sicherung des Gesamtsystems durch Proof-of-Stake-"Forging". Normale Zahlungen, Asset-Transfers und vieles mehr finden auf den Child-Chains statt. Details siehe unten.
Jede Child-Chain entspricht einer "Währung" im System. Die wichtigste ist IGNIS, welche die meiste Funktionalität von NXT übernimmt und als Hauptwährung gedacht ist.
Childchains, Blockchains und SidechainsWas ist nun eine Child Chain genau? Child-Chains sind sozusagen "Kinder" der Haupt-Blockchain.
Dazu müssen wir verstanden haben, was eine Blockchain ist. Eine Blockchain ist eine Art digitales Buch, bei dem auf jeder "Seite" ("Block" genannt) die Transaktionen oder Überweisungen zwischen den Teilnehmern in einem bestimmten Zeitraum erfasst werden. Die "Seiten" werden mit kryptografischen Methoden so miteinander verkettet, dass niemand eine Seite herausreißen, fälschen oder umtauschen kann.
Traditionelle Kryptowährungen wie Bitcoin verwenden eine einzige Blockchain, in der alle Transaktionen gespeichert werden. Das Problem dabei ist, dass alle Teilnehmer am Netzwerk alle Daten herunterladen, überprüfen und speichern müssen. Das ist potenziell eine riesige Datenmenge, und bei der Überprüfung wird nicht nur Speicherplatz, sondern auch Rechenleistung verschwendet.
Man könnte nun, um die Kapazität zu erhöhen, mehrere Blockchains parallel laufen lassen. Jeder Teilnehmer könnte sich dann aussuchen, welche von diesen Ketten er speichern will. Dies ist der "
Sidechain"-Ansatz, er wird beispielsweise bei Lisk und bei Bitcoin-Projekten wie Blockstreams "Elements" und Rootstock (RSK) eingesetzt. Das führt aber zu einer Reihe von Problemen. Insbesondere benötigt jede "Sidechain" einen eigenen Sicherheitsmechanismus. Sidechains, die nur von wenigen Teilnehmern betrieben und "gesichert" werden, könnten leicht angegriffen werden.
Der Child-Chain-Mechanismus am Beispiel von IGNISWas macht also Ardor? Es integriert die "Sidechains" teilweise in die Hauptchain, damit diese auch von der Sicherheit des Hauptsystems profitieren. Daher sprechen wir von "
Child-Chains", nicht von Sidechains.
Nehmen wir IGNIS als Beispiel. Alle IGNIS-Transaktionen werden von einer bestimmten Gruppe von Teilnehmern, den "IGNIS-Bundlern" gesammelt. Sie erstellen daraus in einem bestimmten Zeitrum einen sogenannten "Child Chain Block".
Bundler übernehmen also eine ähnliche Aufgabe wie die Miner oder Forger, nur eben nur für die IGNIS-Childchain.
Nun speichern Bundler die "Child Chain Blocks" nicht unabhängig in einer eigenen IGNIS-Blockchain. Stattdessen erstellen sie daraus eine spezielle Transaktionsart, die "Child Chain Block Transaction". Diese Transaktion wird wie eine normale Transaktion im Netz verbreitet und enthält eine Liste aller IGNIS-Transaktionen, die der Bundler gesammelt hatte.
Alle Childchain-Block-Transaktionen werde nun von den Forgern der Hauptkette - ARDR - gesammelt und zu einem Block zusammengestellt. Dabei gibt es einen Wettbewerb zwischen den Bundlern: So wird nur ein einziger IGNIS-Bundler pro Block ausgewählt, dessen Childchain-Block-Transaktion in die Blockchain geschrieben wird - nämlich der, der die günstigste Gebühr verlangt. Er kassiert dafür die Transaktionsgebühren der IGNIS-Nutzer und zahlt im Gegenzug eine ARDR-Gebühr an den Forger.
Pruning: Der Skalierbarkeits-VorteilAber halt, werden nun einige sagen. Wenn alle Daten aller Childchains in die Haupt-Blockchain geschrieben werden, wo liegt dann der Vorteil zu Bitcoin oder dem alten NXT? Müsste dann nicht jeder Teilnehmer wieder alle Daten speichern?
Der Clou ist, dass die Liste der Transaktionen von IGNIS und anderen Childchains, die ja in "Childchainblock-Transaktionen" gebündelt wurde,
nur in den jeweils neuesten 1440 Blocks von allen Teilnehmern überprüft zu werden braucht. Die Childchainblock-Transaktionen werden nach diesem Zeitraum "geprunt": Die Transaktionsliste wird gelöscht und der Datenbestand damit radikal verkleinert. Dabei wird übrigens der gleiche Mechanismus verwendet wie beim alten NXT, bei dem "prunable data" (also beispielsweise Nachrichten) ebenfalls nach einer Zeitlang radikal geschrumpft werden.
1440 Blocks sind nicht viel: Es handelt sich bei Ardor mit seinem 1-Minuten-Block-Rhythmus um alle Transaktionen der letzten 24 Stunden. Dies sind die einzigen Daten aller Childchains, die alle Nodes vollständig zu überprüfen brauchen. Daneben müssen sie zwar auch die gesamte Hauptchain überprüfen, aber diese ist im geprunten Zustand um Größenordnungen kleiner als die Childchains.
Wie wird nun sichergestellt, dass niemand ältere Daten manipuliert, die kaum noch jemand speichert und überprüft? Ganz einfach: Diese dürfen bei Ardor (genauso wie bei NXT) gar nicht verändert werden. Das heißt: Sollte ein Fork auftauchen, der weiter als 1440 Blocks zurückgeht, so wird er von den Clients ignoriert. Dies schützt vor sogenannten "Long Range Attacks", der gefährlichsten Art des "Nothing-at-Stake-Angriffs".
Außerdem gibt es einen zusätzlichen Sicherheitsmechanismus: Neben der Blockchain speichert jeder Teilnehmer auch die "
Kontostände" aller Teilnehmer und gleicht sie bei jedem Block mit anderen Teilnehmern ab. Diese Daten in Kombination mit den vollständig überprüften letzten 1440 Blocks machen es so gut wie unmöglich, die Blockchain-Daten zu manipulieren.
Daneben gibt es noch "
Archival Nodes" (Archiv-Knoten), die kein Pruning vornehmen sondern alle Childchain-Transaktionen vollständig überprüfen und speichern, sozusagen als eigene Blockchains. Diese können sich aber aussuchen, welche Childchains sie vollständig sichern wollen.
Einwand: Aber Bitcoin kann seit Version 0.11 doch auch Pruning! Ist das nicht das Gleiche?Bei Bitcoin werden auch von "geprunten" Nodes alle Transaktionen der Blockchain von allen Nodes vollständig überprüft - bis herunter zum Genesis Block, was eine lange Zeit dauert und gerade bei großen Blocks viel Rechenleistung und Bandbreite verschlingt. Bei Ardor sind es wie gesagt nur die jüngsten 1440 Blocks.
Der Pruning-Vorteil bei Bitcoin bezieht sich nur auf den verbrauchten Festplattenspeicher, der ist aber vergleichsweise billig. Bei Ardor werden zusätzlich beim ersten Blockchain-Download und beim "Syncen" zwischendurch Internet-Bandbreite sowie CPU-Leistung und RAM-Kapazität gespart, die alle bei der Überprüfung der Blöcke anfallen und eines der Hauptprobleme bei der Skalierbarkeit von Kryptowährungen darstellen.
Wie groß ist der Vorteil?Der NXT- und Ardor-Entwickler Riker (Lior Jaffe) hat im NXT-Forum (
Google-Docs) einige Zahlen veröffentlicht, die zeigen, wie groß der Kapazitätsvorteil bei Ardor gegenüber traditionellen Blockchains ist:
Bei 2 Transaktionen pro Minute braucht die alte NXT-Blockchain nach einem Jahr 615 MB, bei Ardor 543 MB. Der Vorteil ist hier also noch nicht groß.
Interessant wird es bei 200 Transaktionen pro Minute. Hier braucht die NXT-Blockchain nach einem Jahr 43720 MB (43,7 GB), während die Ardor-Blockchain sich mit 596 MB, also fast 80 mal weniger (!) begnügt. Wenn man die gesamte Datenbank vergleicht, ist der Vorteil mit 44170 (NXT 1) zu 1416 MB (Ardor) etwa um den
Faktor 30 größer.
Man sieht also, dass der Vorteil um so größer wird, je mehr Transaktionen anfallen. Das macht Hoffnung, dass eine Ardor-basierte Währung
Hunderte Millionen oder gar Milliarden Nutzer bedienen könnte - und trotzdem jeder auch mit einem
Heim-PC einen vollwertigen Node betreiben könnte.
(Post wurde am 7.8.2020 leicht upgedatet, Reddit + Source Code Repository hinzugefügt.)