Die Frage, die eigentlich aufgeworfen wird, ist die, woher das offensichtlich erkennbare "flatterig of the curve" bereits nach wenigen Wochen kommt.
Da hätte der gute Mann im Übrigen nur irgendeinen x-beliebigen aktuellen Forschungsartikel befragen müssen: es scheint im Moment so, dass gerade in der Frühphase der Ausbreitung "Superspreader" (Wort des Jahres?) eine besondere Rolle spielen. Insofern ist davon auszugehen, dass der Exponent der anfänglichen Kurve recht groß ist, später aber (weil Superspreader nicht länger einen großen Anteil an den Infizierten einnehmen) kleiner wird.
Das dieses "Flattening of the curve" sowieso nach wenigen Wochen ganz von selbst kommt, ist in deinen Vorhersagen aber nicht ersichtlich
Eine Verdoppelung: 20.000
Zwei Verdoppelungen: 40.000
Der Einfachheit halber hatte ich das in den meisten posts ausgelassen, aber dennoch einmal in einem umfangreicheren post versucht, mit einem iterativen Ansatz zu verdeutlichen:
30.03. 80.000
31.03. 70.000
03.04. 140.000
04.04. 120.000
07.04. 240.000
08.04. 200.000
Der starke Effekt von Superspreadern zu Beginn der Infektionskette hat sich auch erst in den letzten Wochen als "gängige Theorie" etabliert, vorher konnte man das lediglich mutmaßen.
Im Übrigen hatte ich explizit darauf hingewiesen, dass es für eine genauere Betrachtung das SI, bzw. das modernere SIR-Modell gibt:
Hätte der theoretische Physiker dieses in Medizin und Biologie
seit Jahrzehnten gängige Modell gekannt, und die bekannten, aktuellen Parameter eingegeben, hätte er sich die Arbeit sicherlich zu großen Teilen sparen können.
(Der lieben Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass man IMHO auch ein
ESS-Modell verwenden könnte, obwohl mir kein Fall bekannt ist, in dem ein Epidemiologe das getan hätte, dürfte für den Zweck auch zu kompliziert sein).
Vielleicht habe ich mich aber insgesamt immer noch unverständlich ausgedrückt, mea culpa.
Du verwechselst scheinbar das "Flattening of the curve" der akut Infizierten (welches wir zur Entlastung des Gesundheitssystems
und der Wirtschaft brauchen) mit dem von deiner Quelle beschriebenen "Flattening" der insgesamt Infizierten.
Ich versuche, den Unterschied mal anhand einer simplifizierten "Ansteckungskrankheit" namens "Staffellauf" zu beschreiben:
Im Staffellauf ist stets nur eine Person infiziert, nämlich diejenige, die sich mittels Übergabe des Stabs "infiziert".
Betrachtet man den zeitlichen Verlauf dieser "Infektionskette", steigt die Anzahl der insgesamt Infizierten linear.
Betrachtet man allerdings die akut "Infizierten", bleibt diese Anzahl stets gleich, nämlich genau 1.
Nun sind Infektionskrankheiten i.d.R. keine Staffelläufe, und verbreiten sich nicht linear, sondern exponentiell.
Dieser Exponent nimmt bei einer idealisierten Infektionskette auch ab, weil mit zunehmender Durchseuchung die Wahrscheinlichkeit sinkt, weitere Personen anzutreffen, die überhaupt noch empfänglich sind, das ist es, was mit "Herdenimmunität" gemeint ist (im von mir gebrachten Vergleich mit Clostridien in einer Petri-Schale sind das die armen Viecher, die in der Mitte von der Nahrungszufuhr abgeschnitten sind).
Der Effekt dieser Herdenimmunität ist anfangs vernachlässigbar, wird im Verlauf der Ausbreitung aber immer stärker.
Zurück zum Unterschied der akut Infizierten und der insgesamt Infizierten.
Die Zahl der insgesamt Infizierten steigt auch dann noch, wenn der R0-Wert sehr klein ist, solange dieser nicht 0 ist, es bleibt beim exponentiellen Wachstum, wenn sich auch der Exponent der Funktion mit dem R0-Wert ändert.
Die Zahl der akut Infizierten aber sinkt, sobald der R0-Wert unter 1 liegt.
Und im Übrigen schließe ich mich seinem Statement an anderer Stelle in vollem Umfang an:
Ich schließe mich seinen Statements übrigens auch in vollem Umfang an
Es käme mir nie in den Sinn, mich jemals undifferenziert einfach allen Statements einer Person anzuschließen, das machen AFAIR nur die Katholiken mit ihrem unfehlbaren Papst
He describes indiscriminate lockdown measures as “a huge mistake,” and advocates a “smart lockdown” policy, focused on more effective measures, focused on protecting elderly people.
Das ist seine Meinung, und er selbst stellt, soweit ich das erkennen kann, deutlich klar, dass er als theoretischer Physiker nicht qualifiziert ist, hier mehr als eine bloße Laienmeinung zu vertreten.
Dass eine irgendwie geartete, nicht näher spezifizierte "Smart Lock-Down-Policy" einem generellen, undifferenzierten Lock-Down in vielerlei Hinsicht überlegen wäre, ist wiederum vollständig trivial, und wird sicherlich von keiner einzigen Person auf diesem Planeten bestritten.
Die Frage ist insofern einfach, wie diese Smart-Lock-Down-Policy aussehen soll, und ob wir über die medizinischen, technischen, logistischen, politischen, juristischen Möglichkeiten verfügen, eine solche umzusetzen. Das wiederum lässt sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zumindest für die Frühphase der Epidemie verneinen.
Letztlich ist aber der Übergang zu einem solchen "Smart Lock-Down" genau das, was wir im Moment mit schrittweisen, vorsichtigen Lockerungen nach dem Prinzip von Trial and Error iterativ zu erreichen versuchen. Es besteht hierbei vor allem die Gefahr, dass wir zu schnell und umkoordiniert lockern, und uns damit nicht nur wieder höhere Ansteckungszahlen einfangen, sondern auch noch selbst der Möglichkeit berauben, die Auswirkungen einzelner Lockerungen korrekt zu bewerten.
Anders gesagt: wer vorschnell einfach "alles" lockern will, wird am Ende wieder pauschal alles schließen müssen, wenn's schief geht.
Wer Schritt für Schritt Einzelmaßnahmen lockert, abwartet, wie sich danach das Infektionsgeschehen entwickelt, weiß hinterher, welche Lockerungen "gehen", und welche nicht okay sind.
There is no doubt in my mind, that when we come to look back on this, the damage done by lockdown will exceed any saving of lives by a huge factor
Da verlässt ihn ein wenig der wissenschaftliche Anspruch, "no doubt in my mind" ist so ziemlich die unwissenschaftlichste Aussage, die man treffen kann.
Ich bin mir allerdings ziemlich sicher, dass das als Redewendung zu verstehen ist, und man es entsprechend nicht auf die Goldwaage legen sollte.
I think the policy of herd immunity is the right policy.
Auch diese Meinung sei ihm unbenommen, ich selbst halte Herdenimmunität ebenfalls für die richtige Strategie für alle Länder, in denen der Kollaps des Gesundheitssystems ohnehin nicht zu verhindern ist, das habe ich hier auch mehrfach wiederholt.
Deutschland jedenfalls, und das darf man IMHO mit Fug und Recht behaupten, steht im Moment in Bezug auf die bisher erreichten Erfolge recht gut da, sowohl, was die wirtschaftlichen, als auch, was die gesundheitlichen Folgen angeht.
Im Moment müssen wir also einen Weg finden, wie wir diese Anfangs-Erfolge über die Zeit retten können, und hier wären willkürliche Lockerungen vermutlich kontraproduktiv.