Der aktuelle starke Anstieg in den letzten 24h hat mich etwas überrascht, aber wird ja auf den Start der CME Futures zurückzuführen sein.
Auf Spiegel.de gibt es einen ausführlichen Bericht über Bitcoin, der im Gegensatz zu den bisherigen Berichten, gar nicht so negativ ist, sondern doch einiges an Verständnis aufweist und einen durchaus vernünftigen Versuch darstellt, sich mit der Materie auseinanderzusetzen.
Bitte ein Bitcoin - Wie das Anarchogeld die Weltwirtschaft verändert
http://www.spiegel.de/spiegel/bitcoin-und-co-koennten-traditionelle-waehrungen-ersetzen-a-1183585.htmlAlso kein grober Verriss, wie die letzten Berichte.
Läuft zwar unter spiegel Plus, aber die Paywall kann man mit nem greasemonkey Plugin für Firefox überwinden.
kannst den text nicht einfach posten?
Bitte ein Bitcoin
Wie das Anarchogeld die Weltwirtschaft verändert
Die Aufregung um Bitcoin ist berechtigt. Traditionelle Währungen wie Euro, Dollar und Yen könnten ihre Monopolstellung langfristig verlieren.
Von Martin Hesse, Marcel Rosenbach, Anne Seith und Wieland Wagner
Rechenzentrum in einem ehemaligen Militärbunker in der Schweiz
Gian Paul Lozza / 13Photo / DER SPIEGEL
Rechenzentrum in einem ehemaligen Militärbunker in der Schweiz
Was könnte den Wahnsinn besser beschreiben als der Hype um die Kätzchen: Sie sind bunt, schräg, knubbelig. Und jedes ist einzigartig. Dafür sorgen die Algorithmen, die sie erzeugen.
Die Kätzchen zieren Internetsammelbildchen im naiven Comicstil. Man kann ein Pärchen Nachwuchs zeugen lassen, dann hat man drei Sammelkärtchen.
Klingt wie eine moderne Variante der bekannten Fußballsammelbilder, aber es gibt einen Unterschied. Eines der Kärtchen wechselte Anfang Dezember auf dem Marktplatz der Seite Cryptokitties.io für umgerechnet mehr als 100.000 Dollar den Besitzer. Weniger begehrte Exemplare sind schon für einstellige Beträge zu haben.
Für so langweilige Normalo-Währungen wie Dollar oder Euro sind sie allerdings nicht zu kaufen. Dafür braucht man eine virtuelle Währung namens Ethereum, kurz "Ether".
Die erlebte auch dank des jüngsten Katzensammelhypes gerade eine der besten Wochen ihrer jungen Geschichte. Anfang des Jahres war ein Ether noch für rund 8 Euro zu erwerben. Im Sommer musste man zeitweise schon mehr als 300 ausgeben. Am Donnerstag waren es dann schon mehr als 600.
So verrückt der Hype um die Katzenbilder sein mag: Er symbolisiert den Irrsinn, der sich in diesen Tagen rund um sogenanntes Kryptogeld abspielt.
Das heißt so, weil es auf Verschlüsselungstechniken beruht und rein virtuell ist. Die Kurse dieser digitalen Währungen stiegen in den vergangenen Wochen in atemberaubendem Tempo auf immer neue Höchststände.
Ein börsennotiertes Unternehmen mit Sitz im beschaulichen Herford nahe dem Teutoburger Wald steht im Zentrum des Hypes. Oliver Flaskämper handelt auf Bitcoin.de mit einem der derzeit heißesten ökonomischen Güter - mit dem gleichnamigen Computergeld, der Mutter aller Kryptowährungen.
Der 45-Jährige ist Gründer und Geschäftsführer dieser einzigen deutschen Bitcoin-Börse. Flaskämper profitiert von dem Hype, doch er macht ihm auch zu schaffen. "Neulich haben sich an einem Tag 10.000 neue Nutzer registriert", sagt der Unternehmer, der bislang gerade mal zehn Mitarbeiter beschäftigt. Er sucht gerade dringend weitere.
In gewisser Weise ist sein Geschäft noch absurder als das mit den Kätzchen, die immerhin niedlich anzusehen sind. Flaskämper dagegen handelt nur mit Zahlenreihen aus Ziffern und Buchstaben.
Aber die wurden zuletzt immer wertvoller, nicht nur bei Flaskämper, sondern auf Bitcoin-Handelsplätzen weltweit. An manchen asiatischen Börsen lag der Kurs für einen einzigen Bitcoin kurzzeitig schon bei mehr als 20.000 Dollar - nur um darauf wieder rapide um ein paar Tausend nach unten zu sacken.
Bis vor Kurzem galten Kryptowährungen bestenfalls als etwas für junge, tech-versessene Nerds und Spielernaturen. Oder als etwas für Gangster, die ihre Geldtransfers gern möglichst diskret und unter dem Radar von Behörden abwickeln wollen.
Doch dieses Schmuddelimage wurde dem Bitcoin nie gerecht. Die von einem oder mehreren anonymen Erfindern unter dem Pseudonym "Satoshi Nakamoto" 2008 auf neun Seiten beschriebene Grundidee ist ein großer Wurf: eine Mischung aus einem innovativen technischen Konzept und einer Philosophie des Geldes - mit einer umwälzenden, disruptiven Kraft.
Im Januar 2009 erzeugten der oder die Macher auf der Basis ihres Konzepts den ersten "Genesis"-Block der neuen Währung - und die ersten 50 Bitcoins. Sie hinterlegten darin, wie in der physischen Welt bei einer Grundsteinlegung üblich, eine Zeitungsschlagzeile der Londoner "Times" vom 3. Januar. Es ging um den zweiten britischen Bankenrettungsplan nach der Finanzkrise.
Die Botschaft war klar: Hier ist ein System, das keiner fehlbaren intermediären Institutionen wie Banken, Notenbanken oder Investmenthäusern mehr bedarf. Mitten hinein in eine der tiefsten Vertrauenskrisen des bisherigen Finanzsystems starteten Nakamoto und Co. ihren Gegenentwurf. Das "Vertrauensproblem" sei beim Bitcoin technologisch gelöst, heißt es im Gründungspapier, Kryptografie mache Institutionen im Geldverkehr überflüssig. Der Bitcoin sei schneller, effizienter, sicherer.
Vom Finanz-Establishment wurde das Konzept trotzdem lange unterschätzt und belächelt. Vertrauen? In die Spinnereien libertärer Kryptofreaks? Diese Hybris ist verflogen, trotz aller unbestreitbarer Unwägbarkeiten.
Spätestens seit der Bitcoin-Kurs in diesem Frühjahr den Preis einer Feinunze Gold überholt hat, ist vielen das Lachen vergangen. Aus der in der globalen Finanzkrise geborenen Idee, den Staaten und Notenbanken ihr Geldmonopol zu entreißen, ist ein ernst zu nehmender Nebenfinanzmarkt entstanden, der längst deutlich größer ist als der Bitcoin.
Im Windschatten des Bitcoin boomten zuletzt auch Alternativen wie Litecoin, Iota und eben Ethereum, das sich zur zweitwichtigsten Kryptowährung entwickelt hat. Im völlig überhitzten Krypto-Bullenmarkt scheint derzeit alles möglich - weitere Kursfeuerwerke genauso wie radikale Abstürze bis zum Totalverlust.
Großinvestoren wie die amerikanischen Winklevoss-Zwillinge, die selbst eine Börse betreiben und gerade als "Kryptomilliardäre" gefeiert werden, schwärmen davon, der Kurs werde sich weiter verzehn- oder verzwanzigfachen, einige sehen einen Bitcoin gar schon bei einer Million Dollar. Wie bei den Brüdern stammen derlei Prognosen oft von Leuten, die massiv von Preissteigerungen profitieren und deshalb großes Interesse daran haben, die Nachfrage weiter anzuheizen.
Aber auch die Stimmen der Warner werden lauter. Hierzulande gibt es von Bundesbankern, der Finanzaufsicht BaFin und der Deutschen Bank für Privatanleger praktisch nur eine Empfehlung: Finger weg! Die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel fürchtet bereits, ein Preisverfall könne "das gesamte Finanzsystem in Mitleidenschaft ziehen". Und der amerikanische Nobelpreisträger Joseph Stiglitz kritisiert, er sehe in der virtuellen Währung "keinen sozialen Nutzen", und forderte ein Verbot.
Auch diese Mahner sind nicht alle neutral: Es geht um ihre Macht, ihre Deutungshoheit, ihr Geschäft.
Regierungen in aller Welt wirken überfordert, planlos und uneins, wie sie mit dem neuen Geld umgehen sollen, zumal es sich aufgrund seiner Natur eben nicht einfach verbieten lässt - immerhin war die Unabhängigkeit von Staaten und Notenbanken sowie deren Geldpolitik ja eine der Gründungsideen.
Und so suchen die dominanten Akteure des alten Finanzsystems nun nach einem Umgang mit dem, was da neu entsteht und was sie öffentlich bekämpfen.
Neuerdings können Anleger an zwei amerikanischen Börsen auch Terminkontrakte (Futures) auf den Kurs abschließen und so auf dessen Verlauf wetten. Die Deutsche Börse prüft, Terminkontrakte auf Kryptowährungen aufzulegen, auch ein direkter Handel über ihre Währungsplattform 360T wird in Frankfurt bereits durchgespielt.
Notenbanker müssen sich ebenfalls fragen, wie sie mit der Konkurrenz aus dem Netz umgehen sollen. Die japanische Finanzaufsicht ließ Bitcoin im Frühjahr als Zahlungsmittel zu. Die amerikanische Fed hat im Labor bereits mit einem Fedcoin experimentiert, in Schweden denkt die Reichsbank über die Herausgabe einer staatlichen E-Krona nach.
Um die Hoheit über die Herausgabe und Steuerung von Währungen zu behalten, wollen die Notenbanken koordiniert vorgehen. Im ersten Halbjahr 2018 soll die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, die Zentralbank der Notenbanken, ein Papier zum Umgang mit Kryptowährungen vorlegen.
Es zeichnet sich also ein Machtkampf ab zwischen dem bisherigen Staatsmonopol auf die Geldausgabe und die Geldpolitik und der neuen, anarchischen Welt der virtuellen Währungen. Die ist trotz ihres spektakulären Wachstums im Vergleich noch zwergenhaft, ihre gesamte Marktkapitalisierung liegt bei unter einer Billion Dollar. Sogar der Apple-Konzern allein ist an der Börse noch mehr wert. Und dennoch scheint eine kritische Schwelle längst überschritten. Einfach verschwinden wird das Phänomen nicht mehr - selbst wenn der Bitcoin kollabieren sollte.
Schon jetzt hat seine Basistechnologie, die Blockchain (siehe Grafik), einen Innovationsschub in der globalen Finanzindustrie ausgelöst. Diese Blockkette ist nichts anderes als eine Datenbank, die auf vielen Rechnern gleichzeitig geführt wird.
Darin werden Transaktionen gespeichert, nicht einzeln, sondern in Blöcken, die miteinander verkettet werden - deshalb der Name.
Bitcoins und andere virtuelle Währungen sind nur eine Anwendung von vielen. Auch jede Form von Urkunden kann dort hinterlegt werden und ganze öffentliche Register. Schweden und Honduras arbeiten beispielsweise daran, Landeigentum per Blockchain zu erfassen - als fälschungssicheres digitales Grundbuch.
Derzeit entstehen auf Basis dieser Technologie eine Fülle neuer Geschäftsmodelle, manche sehen in ihr eine Erfindung, die nur mit dem Internet gleichzusetzen ist, oder mit Gutenbergs Druckmaschine.
Die Deutschen und der Kryptohype
Wer den Stand der Bitcoin-Fieberkurve in Deutschland messen will, kann das in einem Hinterhof im Münchner Viertel Maxvorstadt versuchen. Dort hat Matthias Kröner sein Büro, er ist Chef der Digitalbank Fidor. Seit drei Jahren schon kooperiert er mit Bitcoin.de, Flaskämpers Handelsplatz. Wer sich nicht auf internationalen Web-Börsen wie "Kraken" tummeln will, kommt hierzulande an den beiden derzeit schwer vorbei.
"Es ist brutal, was bei uns gerade wegen des Bitcoins los ist, die Kunden rennen uns die Bude ein", sagt Kröner, 52. Seine Fidor-Kunden werden auf Bitcoin.de bevorzugt behandelt, sie können beispielsweise per Expresshandel besonders schnell Einheiten der Digitalwährung erstehen.
Neulich, erzählt Kröner, habe er an einem Freitagabend einer Kundin selbst die Tür der Fidor-Büros geöffnet, so etwas Altmodisches wie Filialen besitzt die Digitalbank nicht. Die Kundin, Jahrgang 1941, wollte dringend ein Konto eröffnen.
"Warum so dringlich?", fragte Kröner. Nun, sie habe gerade ein Haus in Oberbayern verkauft und wolle den Erlös in Bitcoins investieren, erwiderte die Kundin. Kröner sagt, er sei zusammengezuckt, ein Haus in dieser Lage sei ja auch keine schlechte Geldanlage. Aber Fidor berät als Direktbank die Kunden nicht. Die Frau eröffnete ihr Konto, kaufte dann Bitcoins und dürfte nach den Höhenflügen der vergangenen Wochen nun Multimillionärin sein.
Genauso schnell könnte sie allerdings auch alles verlieren, denn eine Absicherung gibt es nicht. Fidor und Bitcoin.de warnen fett gedruckt vor dem möglichen Totalverlust.
Kröner persönlich sieht die virtuelle Währung durchaus kritisch und sagt, er selbst habe keine Bitcoins erworben. "Was wir gerade sehen, könnte tatsächlich eine Spekulationsblase sein." Er hat das schon einmal erlebt, im Internetwahn des Jahres 2000, als Vorstand der Direktbank DAB. Damals waren es Aktien, die durch die Decke schossen - bis die Dotcom-Blase platzte und viele Unternehmen und Anleger in den Abgrund riss. An diese Zeit fühlt er sich erinnert, und mit diesem mulmigen Gefühl ist er nicht allein.
Geplatzte Spekulationsblasen
1637: Tulpen
1720: Mississippi- und Südseeblase
1873: Aktien, Wien
1929: Aktien, New York
1970er: Silber
1990: "Bubble Keiki"
2000: Dotcom-Blase
2007: Immobilien
Das Platzen der Blase in den USA löst eine Kettenreaktion aus: Es folgen Bankenkrise und eine weltweite Finanzkrise.
Auch sein Kooperationspartner Flaskämper gibt sich durchaus nachdenklich. "In Bitcoin sollte man nur Geld investieren, das man über hat", sagt er. Für sich genommen sei "ein Bitcoin natürlich wertlos". Andererseits: "Woher bezieht Gold seinen Wert oder das Bild von Leonardo da Vinci, für das ein Sammler gerade 450 Millionen Dollar ausgab?" Auch hinter Papiergeld wie dem Euro stecke seit Ende der Goldbindung letztlich vor allem der Glaube an staatliche Versprechungen und das Vertrauen, dass man morgen damit noch etwas kaufen kann.
Beim Bitcoin komme seine Knappheit als Werttreiber hinzu. Es wird insgesamt nur 21 Millionen geben, so ist es im Algorithmus festgeschrieben. Hat er selbst investiert? Er sei früh eingestiegen, sagt Flaskämper, habe aber die allermeisten wieder verkaufen müssen, weil er Geld für Projekte brauchte. "Sagen wir so: Meine Rente war schon vor dem Bitcoin sicher, jetzt ist sie noch etwas sicherer."
Wie Asien den Boom anheizt
Es ist eine Mischung aus Gier und Misstrauen in das herrschende System, das den Bitcoin-Hype befeuert - in Asien noch mehr als in Deutschland.
Ein kleiner Saal in der ehemaligen japanischen Kaiserstadt Kyoto, Samstagnachmittag, es herrscht gespannte Erwartung. Die Teilnehmer des Bitcoin-Seminars sind teilweise von weit hergekommen: Studenten, Hausfrauen, Rentner, aber auch Geschäftsleute mit Anzug und Krawatte. Sie haben ein gemeinsames Ziel: reich werden, möglichst schnell.
Besucherinnen einer Börse für virtuelle Währungen in Seoul: Reich werden, möglichst schnell
Woohae Cho / The New York Times / Redux / laif
Besucherinnen einer Börse für virtuelle Währungen in Seoul: Reich werden, möglichst schnell
Dann ist es so weit, Mayuhime tritt auf, "Prinzessin Mayu", wie die Japaner sie ehrfurchtsvoll nennen. Mit bürgerlichem Namen heißt sie Mayumi Sakai; sie kokettiert gern damit, dass sie Hausfrau sei und Mutter.
"Viele Leute warnen davor, wie gefährlich der Bitcoin ist", sagt Mayuhime. Wer so etwas behaupte, der zeige nur, dass er keine Ahnung habe. "Wie peinlich!" Nein, der Bitcoin-Boom fange gerade erst richtig an. "Jetzt ist die Zeit zu kaufen", sagt Mayuhime, "so schnell wie möglich." Die traditionelle Finanzwirtschaft werde zugrunde gehen, warnt die eloquente Bitcoin-Botschafterin, sie erwähnt die enormen Staatsschulden, die Japan angehäuft hat, und prophezeit einen neuerlichen Crash. Dann könne der Staat die Guthaben seiner Bürger einfach einfrieren, behauptet sie, wie es ihrer eigenen Großmutter in der japanischen Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg widerfahren sei.
Bitcoin-Seminare wie diese haben überall in ganz Asien immensen Zulauf. Kaum eine Weltgegend investiert ähnlich begeistert und entfesselt in Kryptowährungen. Besonders früh entdeckten neureiche Chinesen das digitale Geld, sie nutzen es gern als Vehikel, um ihre Ersparnisse vor dem Staat in Sicherheit zu bringen. Die chinesische Landeswährung Yuan ist nicht frei handelbar, daher transferieren viele Chinesen ihre Mittel nun via Bitcoin aus dem Land. Vor einem Jahr wurde das Gros des weltweiten Bitcoin-Handels in China abgewickelt.
Auch viele wichtige "Mining"-Farmen sind hier beheimatet, oft in entlegenen Gebieten, weil dort die Stromkosten günstig sind. Denn die komplizierten Rechnerprozesse fressen Unmengen an Energie, laut einer Studie der Bank ING verbraucht eine einzige Bitcoin-Transaktion aktuell den Monatsstrombedarf eines Einpersonen-haushalts. Das Gesamtsystem schluckt so viel wie kleinere Staaten, etwa Dänemark.
Die Ökobilanz des Bitcoins ist in China kein Thema. Die Handelsschwerpunkte haben sich nach Japan, Südkorea und Hongkong verlagert, aber das hat andere Gründe: Im September verfügte die Regierung in Peking die Schließung der heimischen Bitcoin-Börsen. Mit diesem Schritt will sie Kapitalflucht und kriminelle Geldwäsche eindämmen.
In Japan akzeptieren bereits Zehntausende Geschäfte Bitcoin - von der Sushi-Bar bis zum Stromversorger. Allerdings will sich derzeit kaum noch jemand von seinen Bitcoins trennen, immerhin könnten sie morgen schon deutlich mehr wert sein. Zudem sind Bitcoin-Transaktionen inzwischen recht teuer - es lohnt sich nicht mehr, damit einen Tee zu bezahlen, wenn die Kosten für die Abwicklung höher sind als der Preis des damit bezahlten Produkts. Weil der Bitcoin-Algorithmus höchstens sieben Transaktionen pro Sekunde zulässt und alle jeweils in mehreren Schritten bestätigt werden müssen, dauern Bezahlvorgänge zudem vergleichsweise lange. All das verstärkt den Trend, Bitcoin nicht mehr als Zahlungsmittel zu verwenden, sondern als Spekulationsobjekt und Wertanlage.
Diese Nachteile des Bitcoins haben bereits zu Abspaltungen ("Forks") wie Bitcoin Cash geführt, das wieder als echte Währung und Zahlungsmittel fungieren soll und mächtige Fürsprecher in der Szene hat.
In Japan haben auch etablierte Banken Kryptowährungen als Chance für sich erkannt. Das größte Institut des Landes, die Bank of Tokyo-Mitsubishi UFJ (MUFG), gibt seit einiger Zeit eine eigene digitale Währung aus, den "MUFG Coin", der auf der Blockchain-Technlogie basiert. Anders als beim Bitcoin können Kunden zwar davon keine Wertsteigerungen erwarten - "MUFG Coin" wird im Verhältnis eins zu eins in Yen getauscht. Aber mit der Kryptowährung lassen sich Onlineüberweisungen bequemer und billiger abwickeln.
Die japanischen Pläne zeigen: Parallel zu Bitcoin & Co. beginnt sich die Geldwirtschaft neu zu formieren. Traditionelle Währungen wie Euro, Dollar und Yen könnten ihre Monopolstellung langfristig verlieren.
Anders als in Deutschland hört man in Japan kaum warnende Stimmen. Das ist erstaunlich, denn vor über drei Jahren erlebte das Land einen gigantischen Bitcoin-Skandal: Damals ging Mt. Gox unter, die bis dahin größte Bitcoin-Börse der Welt mit Sitz in Tokio - die zeitweise 70 Prozent des weltweiten Handels abwickelte. Hunderttausende dort gelagerte Bitcoins verschwanden. Es war eine der größten Katastrophen in der jungen Geschichte der Kryptowährung, ihr Kurs sackte in dieser Zeit um 30 Prozent ab.
Die Pleite illustrierte eine der Schwachstellen im System - die privatwirtschaftlich betriebenen Handelsplätze. Sowohl bei der steigenden Nachfrage der letzten Tage als auch beim Start der Futures zu Wochenbeginn gab es bei wichtigen Börsen immer wieder Überlastungen und Auszeiten. Sie wirken wie ein Vorgeschmack auf das Chaos, das ausbrechen könnte, wenn sich ein Crash anbahnen sollte.
Was vom Bitcoin übrig bleibt
Die Welt der virtuellen Währungen kennt nicht viele reale Orte, die man besichtigen kann. Am Rand der Urner Alpen in der Schweiz gibt es eine spektakuläre Ausnahme. Ein ehemaliger Militärbunker führt dort 300 Meter in den Berg hinein. Wer die Stollen betritt, begibt sich in eine gespenstische Welt von teils riesigen Räumen, in denen jedes Wort ein langes Echo erzeugt.
Vor Jahrzehnten hat hier noch das Schweizer Militär den Ernstfall geübt, heute suchen immer mehr Firmen, die sich mit Kryptowährungen beschäftigen, in der Anlage einen sicheren Platz für ihre Hardware und ihre Datenschätze. Denn der Bunker wird seit einigen Jahren zu einem riesigen Rechenzentrum umfunktioniert, das gegen Terroranschläge oder elektromagnetische Angriffe gefeit sein soll, mit denen sonst ganze Datenbestände binnen Sekunden ausgelöscht werden können.
"Die Anbieter von Kryptowährungen haben ein sehr hohes Sicherheitsbedürfnis", sagt Frank Harzheim, Chef der Betreiberfirma Deltalis. Das Geschäftsmodell ist, eine Art Fort Knox für die Welt des digitalen Geldes anzubieten. Auch ein Anbieter elektronischer Bitcoin-Brieftaschen hat sich hier schon eingemietet. Was dort aktuell an Werten schlummert? Millionen, Milliarden gar? Keine Ahnung, sagt Harzheim. Alle Kunden legten Wert auf größte Diskretion.
Weil sein Datacenter nicht weit von Zug entfernt ist, geht Harzheim davon aus, dass das Geschäft mit der sensiblen Kundschaft gerade erst so richtig losgeht.
Denn die Region um den idyllischen 30.000-Einwohner-Ort Zug entwickelt sich für Kryptojünger gerade zu dem, was das Silicon Valley für die Techszene ist.
Etliche wichtige Akteure wie die einflussreiche Ethereum Foundation sind schon da. Sie sind Pioniere im Schweizer Crypto Valley, das nicht nur mit seinen niedrigen Steuersätzen und laxer Regulierung lockt. Im vorigen Jahr hat der Stadtrat beschlossen, Bitcoin als Zahlungsmittel für etliche Gemeindegebühren zuzulassen, die Wohnsitzbescheinigung beispielsweise. Die Geste wirkte offenbar wie ein Signal an die Kryptogemeinde, dass sie in der Schweiz willkommen sei.
Viele der Firmen, die dem Ruf aus den Alpen bisher folgen, setzen auf neue Geschäftsmodelle, die auf der Blockchain von Ethereum basieren. Denn mit der kann man bei Weitem nicht nur Katzenbilder tauschen und bezahlen. Auf ihr lassen sich zahllose intelligente Anwendungen programmieren und dann automatisch abwickeln.
Die Firma Etherisc entwickelt etwa gerade Versicherungslösungen - unter anderem eine Seite, auf der sich Kunden gegen Flugverspätungen absichern können. Sie können dann ihre geplanten Flüge eingeben, etwaige Entschädigungsforderungen erkennt das System anhand der tatsächlichen Ankunftszeiten selbst. Vollautomatisch werden die Ansprüche bei der Fluggesellschaft angemeldet und die Entschädigung überwiesen.
Virtuelle Währungen und vor allem die Blockchain werden nicht nur das Finanz- und Versicherungssystem grundlegend verändern, davon ist auch Thomas Mayer überzeugt, der das Flossbach von Storch Research Institute leitet. Der Mann hat dem alten System zwei Jahrzehnte lang gedient, bei Goldman Sachs und bis 2012 als Chefvolkswirt der Deutschen Bank. Heute gilt er jedoch als Kritiker der Geldschöpfung durch Zentral- und Geschäftsbanken, die immer wieder Kreditblasen und Schuldenexzesse erzeugt.
"Wir sind gerade in einer Suchphase wie in den frühen Jahren des Internets", sagt Mayer. Er hält die Blockchain und damit die technologische Grundlage des Bitcoins, die jede Übertragung von Eigentum schnell, sicher und dezentral erfassen und für alle Zeit nachprüfbar speichern kann, für bestechend und vielfach anwendbar. Ob es um Geld, Wertpapiere, Häuser oder andere Güter geht - mit der Blockchain lasse sich jedes dieser Geschäfte weitaus billiger vereinbaren und abwickeln als bisher, ganz ohne Notare, Banken und andere Mittler, die an jeder Transaktion mitverdienen.
Die Anwendungsfelder sind mannigfaltig: Musiker experimentieren damit, ihre Stücke direkt über die Plattform zu vermarkten, autonom fahrende Autos könnten damit an Ladesäulen selbstständig bezahlen und Staaten ihre öffentlichen Register darauf umstellen. In den USA kann man seine Hochzeit schon in der dezentralen Datenbanktechnik festhalten.
Auch die Welt der Währungen ist noch lange nicht ausgereizt. Konzerne wie Amazon könnten bald ihre eigenen virtuellen Münzen in Umlauf bringen, glaubt Ökonom Mayer, "indem sie Kunden Amazon-Konten anbieten, von denen aus sie auf dem globalen Marktplatz einkaufen können". Sogar eine Art Verzinsung sei denkbar, etwa als Treueprämien. Amazon und andere Internetgiganten sollen bereits an solchen Plänen arbeiten.
Mayer rechnet damit, dass in den nächsten Jahren mehrere Arten von virtuellen Währungen miteinander konkurrieren: dezentral organisierte wie der Bitcoin; solche, die von Staaten oder Zentralbanken herausgegeben und kontrolliert werden. Und schließlich Kryptowährungen von Internetkonzernen wie Amazon oder dem chinesischen Wettbewerber Alibaba.
Die bisherigen Geldmonopolisten müssten sich also langfristig einem harten Wettbewerb stellen. Eine Notenbank, der es wie einst der Bundesbank gelingt, sich als Bürgerbank zu positionieren, die das Geld der Bürger schützt und den Wert bewahrt, könnte auch die Hoheit über eine Kryptowährung behaupten. Anderen Notenbanken, denen die Bürger heute unterstellen, letztlich den Interessen des Staates zu dienen und ihn zu finanzieren, würden die Leute in Zukunft wohl über private Kryptowährungen ausweichen.
"Am Ende dürfte viel davon abhängen, ob es den Zentralbanken gelingt, das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen", sagt Mayer. Man merkt ihm an, dass ihm diese Vorstellung gefällt.