Re: Lightning Strike/Zap
Ich bleibe aber weiter skeptisch.
Skepsis ist die beste Geisteshaltung
Ich muss dabei zugeben, das mich sowas schon mal sehr abschreckt:
Yo. Today I am thrilled, excited, and incredibly proud [...]
... wenn dabei nur eine Mini-Innovation wie "zentralisierte Bitcoin/LN-Wallet, bei der du mit deiner Fiatbalance zahlen kannst" gemeint ist. Also eigentlich nur ein (technisch einfacher) Zwischenschritt wegfällt.
Ja, da schleicht sich einfach auch bei den Bitcoin-Produkten stets die Sprache der ICOs und Shitcoins ein.
Aber letztlich erben wir das von der gesamten IT-Branche und derem US-amerikanischen Zentrum.
Alles muss immer "great" sein, man ist stets "thrilled", "excited", "proud", gerne noch mit Superlativen.
Damit kann der gemeine europäische Bitcoiner eigentlich nicht viel anfangen.
Der Händler verbindet sich also mit dem Netzwerk, um potenziell sowohl Zap-Fiatzahlungen als auch "normale" Bitcoin-Lightningzahlungen zu empfangen.
Das wird er nur machen, wenn das für ihn Sinn ergibt, denn die Einrichtung ist gerade bei LN nicht ganz trivial. Es muss vor allem genug potenzielle Kunden geben, die Zap/Lightning nutzen.
Das ist natürlich das klassische Henne/Ei-Problem bei allen Zahlungsdiensten.
Sieh es lieber so: wenn ein Händler sich für Lightning entscheidet, trifft er damit auf eine potentiell größere Anzahl an Nutzern.
Zugleich können über vergleichbare Dienste auch Händler zentrale Dienstleister nutzen, sind aber in ihrer Wahl frei, und müssen sich nicht notwendigerweise an einen spezifischen binden.
Das Endstadium von Bitcoin/Lightning könnte sehr wohl so aussehen, dass es zahlreiche zentrale Wallet-Anbieter mit Lightning-Funktionalität gibt, darunter
- solche, die sich auf Endkunden/Konsumenten spezialisieren
- andere, die ihren Fokus auf Händler legen
- weitere, deren Fokus die Anonymität ist
- solche, die Instant Konversion in Fiat Währung anbieten
- Prepaid Anbieter
- Debit-Anbieter
- Credit-Anbieter
- etc. pp.
Der Kunde sucht sich seinen Anbieter nach seinen Wünschen aus, der Händler nimmt einen anderen nach seinen Wünschen.
Gefällt dem Kunden/Händler der eigene Anbieter nicht mehr, geht er eben zur Konkurrenz.
Dadurch gibt es einen soliden Wettbewerb, und nicht länger die massive Monopolisierung, wie wir sie z.B. von Paypal kennen.
Das mag nicht ganz die Erfüllung der Träume der Idealisten vom "Be your own Bank" sein, aber es kommt dem im Rahmen der Möglichkeiten des Marktes schon recht nahe.
Zugleich kann in so einem Szenario sehr wohl jeder Teilnehmer stets entscheiden, tatsächlich alles selbst zu machen.
Ich bleibe hier beim Beispiel der Email.
Einen eigenen SMTP-Server betreiben wohl die wenigsten von uns.
Aber die bloße Möglichkeit, es zu tun, bietet schon ein gerüttelt Maß an Freiheit, die wir bei Twitter, Facebook & Co. nicht haben.
Zap muss wie PayPal eine hochgesicherte Datenbank betreiben (oder dies einem externen Dienstleister in Auftrag geben), um die Zahlungen abzusichern. Diese werden dann in Lightning-Zahlungen umgewandelt. Vom Aufwand und den Kosten her ist das, denke ich, nicht wesentlich billiger oder einfacher als bei einem "reinen" Datenbank-Zahlungsprozessor wie PayPal (oder z.B. sowas wie OKPAY, um mal den Größenunterschied wegzulassen).
Ja. Allerdings kann ein Anbieter wie Zap in Ermangelung einer Monopolstellung eben auch nicht einfach beliebig hohe Gebühren ansetzen, sondern diese werden notwendigerweise durch die Gesetze des Marktes in den Bereich der tatsächlich real entstehenden Kosten fallen.
Damit ist es durchaus realistisch, enorme Kosteneinsparungen zu erwarten, wenn sich ein solches Modell durchsetzt.
Im Übrigen kann es durchaus sein, dass solche Anbieter ihr Geschäft tatsächlich nicht so einfach betreiben dürfen, zumindest nicht von Standorten in der EU. Schließlich ist hierzulande die Charge-Back-Funktionalität ausdrücklich vom Gesetzgeber vorgesehen.Warum sollte daher jemand, der kein Bitcoiner ist, ein Wallet bei Zap eröffnen? Das wäre nur dann realistisch, wenn irgendetwas die Gebühren für ihn aufwiegt.
Auch, wenn das manch einer vielleicht nicht hören will, weil wir das irgendwie schon hinter uns gelassen hatten:
Ganz konkret gibt es Dienstleistungen oder Waren, die man sicherlich nicht über Paypal kaufen möchte.
Ob das nun Drogen wie bei Silkroad sind, oder Downloads von Schwarzkopien, hier gibt es eine Reihe von guten Gründen, warum der normale, an sich durchaus gesetzestreue Bürger gelegentlich auch mal Fünfe gerade sein lässt, wenn es um die Einhaltung der vom Gesetzgeber gewünschten Regeln geht.
Im Prinzip ist es auch durchaus das gute Recht eines Bürgers, für sich gelegentlich die Entscheidung zu treffen, bestimmte Gesetze wissentlich und willentlich zu umgehen, soviel individuelle Freiheit muss ein gesunder Rechtsstaat auch abkönnen.
Das heißt nun nicht, dass sich Lightning und Bitcoin ausschließlich für solche Zwecke eignen, ganz im Gegenteil.
Als Grund für den Erstkontakt ist dieser aber sicherlich ebenso gut oder schlecht wie die Spekulation, die gerade der typische AKV-Leser so gerne betreibt