Besonders interessant fand ich's jetzt nicht, aber weil hier so drüber diskutiert wird, wollte ich mir das doch mal anschauen.
Und weil ich fleißig bin, habe ich eine kurze Abschrift der Fragen und Antworten im Interview gemacht, damit sich leichter drüber diskutieren lässt (ja, es ist einer dieser gelangweilten Tage im Bett, wo man nix besseres zu tun hat
)
Blau sind die Fragen, bzw. Einleitungstexte, teils von mir aufs wesentliche reduziert.
Wie hast du dein Vermögen gemacht?
Er hat 2011 1000 BTC gekauft, nach dem Crash noch weiter investiert, warum?
„Für jede Form der Geldanlage gilt, man sollte dann kaufen, wenn alle anderen verkaufen“
Da zitiert er eine Baron Rothschild zugeschriebene Börsenweisheit, deren Anwendbarkeit insbesondere bei Bitcoin man natürlich anzweifeln darf.
2017 verkauft er.
„Man sollte nie Geld in etwas stecken, bloß weil jemand das im Fernsehen sagt. Naja, vielleicht ein klein bisschen zum Probieren sollte man vielleicht doch in Bitcoin stecken. Und ich denke nicht, dass gerade ein schlechter Zeitpunkt ist.“
Er macht also nicht etwa exzessiv Werbung im Sinne von "Leute, kauft Bitcoins, dann werdet ihr reich".
Man riet ihm, seine Haare abzuschneiden, das sähe seriöser aus.
„Aber wenn ich in Meetings war, konnte sich jeder an mich erinnern. Das war Niklas, der Typ, der so aussieht wie ein Pirat. Ich sehe die Haare also als Vorteil.“
Kann ich gut nachvollziehen, seit ich ihn das erste Mal gesehen habe, kann ich mich an ihn erinnern
Benutzt du deine Bitcoins für illegale Dinge?
„In der Schweiz natürlich nicht, aber ich habe meine Bitcoins für Dinge benutzt, die woanders illegal sind, habe Aktivisten unterstützt, die für Meinungsfreiheit kämpfen. Sehr illegal in einer Diktatur, aber nicht hier. Aber wenn ihr Cannabis-Zigaretten meint, nein, so was nicht. Das wäre auch dumm, denn wenn ich mir auch nur das geringste zuschulden kommen ließe, könnte meine Firma darunter leiden und müsste wohl dicht machen.“
Okay, hier merkt man, dass er ein wenig herumdruckst.
Kein Wunder, vermutlich dürfte sein Aufenthaltsstatus in der Schweiz nicht unbedingt zulassen, dass er sich zu Straftaten bekennt?
Und auch wenn man sich um eine Banklizenz bewirbt (s.u.), ist eine "weiße Weste" sicherlich unabdingbar.
Mehr als 100 Leute arbeiten bei Bitcoin Suisse, was machen die eigentlich?
„Rund 20% des weltweiten Handels mit Kryptowährungen gehen durch diesen Raum, und es ist auch unsere Haupteinnahmequelle“
Die Zahl halte ich aus dem Bauch raus mal für deutlich übertrieben, aber daran hat man sich ja schon gewöhnt, irgendwie gibt es mindestens hundert Bitcoin-Börsen, die mindestens 10% des weltweiten Handels abwickeln
Die Broker kaufen und verkaufen Bitcoin und Kryptowährungen rund um die Uhr für Kunden. 2018 macht die Firma einen Gewinn von 23 Mio. Euro.
Niklas ist also nicht Bitcoin-Milliardär in dem Sinne, dass er extrem viele Bitcoins besitzt, sondern weil er eine Broker-Firma gegründet hat, die einen (IMHO eher geringen) Gewinn von 23 Mio. macht, und diese wohl entsprechend hoch bewertet wird.
Und was macht Niklas mit seinem Gehalt?
Bentleys, Reisen im Privatjet, ein Motorboot, eine Villa am Zuger See
„Man dürfte hier auch mit dem Hubschrauber landen. Vielleicht machen wir das für ein Jahr zum Spaß.“
Im Großen und Ganzen sehe ich da vergleichsweise wenig protziges Gehabe, da kenne ich ganz andere Kaliber.
Die Anmerkung, so etwas mal für ein Jahr zu Spaß zu machen, deutet schon an, dass er an sich eher "bescheiden" geblieben ist, und noch aus Lust und Laune agiert.
Warum gibst du mit deinem Reichtum so an?
„Vielleicht bin ich ein bisschen stolz auf das Schloss-Projekt, und auch auf meine Firma. Außerdem teile ich meinen Reichtum gern. Das macht doch Freude. Und es macht sich nicht gut, wenn man im Geld-Business arbeitet, sich mit den teuren Dingen des Lebens aber nicht auskennt. Als ob man den Leuten Schuhe verkauft, selbst aber barfuß läuft.“
Interessant, dass er den Stolz auf das Schloss zuerst nennt. Ich will (und kann) das nicht tiefenpsychologisch sezieren, aber man könnte das in die Richtung deuten, dass er sich nach etwas "soliderem" sehnt.
Bitcoin Suisse will eine Banklizenz, ist das aktuelle Geld-System also doch besser als Bitcoin?
„Wer nicht kennt, weiß, dass ich das nicht glaube. Verkaufe ich damit meine Seele? Fakt ist, ohne Banklizenz wird meine Firma nie selbst Kundengelder verwalten dürfen. Wir brauchen immer eine Partner-Bank. Aber andere Banken werden bald selbst Bitcoins verkaufen. Und die können das dann fünfmal billiger anbieten, wenn wir keine Banklizenz bekommen.“
Er handelt als Unternehmer rational. Ob die Vermutung, dass Banken in Zukunft das große Bitcoin-Geschäft machen, zutrifft, sei mal dahingestellt, als Befürchtung ist sie sicherlich nicht weit hergeholt.
Kannst du nachts gut schlafen?
„Normalerweise schlafe ich wie ein Stein. Die Frage ist, ob ich genug schlafe, und da gibt es durchaus Zeiten, wie bei jedem anderen Unternehmer auch, wenn viel passiert, schläft man weniger, aber wenn, dann schlafe ich super.“
Doofe Frage, doofe Antwort.
Wie oft checkst du den Bitcoin-Preis?
„Wohl 100 Mal am Tag.“
s.o.
Wenn der Kurs so stark schwankt, klingt das nach unkalkulierbarem Risiko.
„Ich hab so viel gesehen, ich mach mir so schnell keine Sorgen.“
s.o.
Wo speicherst du deine Bitcoins?
„Unsere Bitcoins sind nicht Millionen, sondern Milliarden wert. Ich könnte es sagen, aber dann müsste ich dich umbringen. Das bleibt unter uns.“
Ob die Zahlen stimmen, sei mal dahingestellt.
Ihm ist sicherlich selbst bewusst, dass er die Bitcoins nicht in Gefahr bringt, wenn er deren "Ort" nennt, aber das müsste er erstmal seinen Kunden erklären, also spielt er den Geheimniskrämer.
Kann man als Neuling mit Bitcoin noch reich werden?
„Ich bin mir fast sicher, dass der höchste Bitcoin-Preis, das waren mal 20.000 Dollar, nochmal überschritten wird. Ich kann aber nicht sagen, ob morgen oder in vier Jahren.“
Äußerst bescheidene Aussage, er bleibt seiner Linie treu, niemandem Bitcoin mit irgendwelchen Versprechungen verkaufen zu wollen.
Hast du Angst, wegen deines Reichtums gekidnappt zu werden?
„Nein, ich glaube, wenn du auf alles vorbereitet bist, macht Angst keinen Sinn. Dann macht dich Angst nur nervös. Wir können jeden Tag Angst haben vor einem möglichen Unfall, oder dass morgen ein Vulkan ausbricht, das macht keinen Sinn. Wenn du getan hast, was du kannst, solltest du dich von der Angst verabschieden.“
Doofe Frage, doofe Antwort
Aber du hast eine Maschinenpistole im Haus.
„Weil ich mich selbst umbringen würde, wenn… auch wenn es nie passiert. Aber wenn es eben doch passiert, und ich dann nicht genug vorbereitet gewesen bin…“
Okay, da kommt dann doch ein klein wenig der paranoide Spinner mit der Waffe unter dem Kopfkissen durch
War dein Plan, mit Bitcoin steinreich zu werden, hast du geahnt, was passieren würde?
„Nein. Ich hatte keine Vorstellung. Wer rechnet denn mit sowas? Es ist wie ein Abenteuer. Ich hätte auch nicht gedacht, dass ich so ein Unternehmen hochziehen kann. Aber ich war sehr überzeugt davon, dass Bitcoin eine Riesen-Sache werden würde. Ich hätte mehr kaufen sollen, aber das sagt ja jeder.
Eine schöne, ehrliche Antwort.
Der Schlusssatz "hätte mehr kaufen sollen" wird mit einem deutlichen Augenzwinkern geäußert. Es geht gerade nicht darum, dass er gerne mehr hätte, sondern ist das übliche Gedankenspiel, mit dem sich wohl jeder Bitcoiner gelegentlich beschäftigt.
TL;DR:Niklas hat 2011 tausend BTC gekauft, später noch ein bisschen mehr.
Noch später hat er eine Broker-Firma gegründet, die Kryptowährungen für Dritte kauft und verkauft.
Diese Firma macht 2018 23 Mio. Gewinn, und wird wohl mit Milliarden bewertet (?), woraus sich sein Milliardärs-Status ergibt.
Er hat sich ein paar schicke Autos gegönnt, eine schöne alte Villa, ein Sportboot, und fliegt ab und an im Privatjet durch die Gegend (das dürfte ein gemieteter sein).
Alles in allem ist das nicht gerade der Lifestyle eines Milliardärs, sondern eher der eines Millionärs.
Er ist sich wohl bewusst, dass er im Wesentlichen einfach nur Glück hatte, und gehört nicht zu denen, die sich schönreden, wieviel sie doch geleistet hätten.
Er betreibt keine aggressive Werbung für Bitcoin, und rät auch nicht zu deren Kauf.
Noch nicht einmal besonders hohe Kurserwartungen stellt er für die Zukunft in den Raum.
Vieles an seinem Auftreten ist sicherlich einerseits sein "Typ", andererseits nutzt er es auch bewusst als Vermarktungsinstrument, wenn er mit selbsterklärter "Piraten-Optik" und Statussymbolen hantiert.